Gottes Visitenkarte

Die Bibel nennt einige Namen Gottes und gibt so einen spannenden Einblick in seinen Charakter.

 

Ist Jahwe im Alten Testament gleichzeitig Gott-Vater im Neuen Testament? Und lassen sich die Gottesbezeichnungen aus dem Alten Testament auch auf Jesus übertragen? Alfred Dannecker versucht, eine Antwort auf diese Fragen zu geben.

 

Die Namen Gottes

 Zu Beginn möchte ich etwas ausführlicher auf die Namen Gottes im Alten Testament eingehen. So entsteht ein Überblick über die vielfältigen Namen Gottes. Vorne weg ist noch zu sagen, dass Namen in der Bibel mehr sind als Schall und Rauch.

 

Sie beschreiben ihren Träger und offenbaren oft eine bestimmte Eigenschaft. Die verschiedenen Namen, mit denen Gott in der Bibel bezeichnet wird, offenbaren deswegen etwas von seinem Charakter. Wenn man die Bedeutung der Gottesnamen im Alten Testament mit den Eigenschaften Gottes im Neuen Testament vergleicht, dann wird deutlich, dass es sich dabei um ein und denselben Gott handelt. Ob sich Gott den Israeliten als Jahwe offenbart oder ob er durch Jesus Christus als Gott-Vater handelt: Er ist und bleibt derselbe Gott.

 

Übrigens bedeutet die Bezeichnung „der Name des Herrn“ auch ohne konkrete Gottesbezeichnung schon etwas. „Den Namen des HERRN anrufen“, bedeutet ihn anbeten oder Gott um Hilfe bitten (1.Mose 21,33). Wer dagegen seinen Namen missbraucht, entehrt Gott (2.Mose 20,7). 

 

El und Elohim

Das Wort Elohim (Gott) kommt im Alten Testament etwa 2570 Mal vor. Davon bezieht es sich 2310 Mal auf den wahren Gott. Erstmals begegnen wir diesem Namen im allerersten Vers der Bibel. Falsche Götter werden gelegentlich auch so bezeichnet. Manche Ausleger leiten Elohim von „Furcht“ ab. Womit dann auf die Ehrfurcht, Achtung und Anbetung verwiesen wäre, die Gott zustehen.

Andere führen den Namen auf die Grundform „stark“ zurück. Dabei steht die Kraft Gottes im Vordergrund. Die zweite Möglichkeit wird als die Wahrscheinlichere angenommen. Der wahre Gott ist somit der starke und mächtige, der erhabene Gott. Dabei steht diese majestätische Größe im Zusammenhang mit seinen Machttaten: In Beziehung zu seiner Souveränität, in Beziehung zu seinem Schöpfungswerk, in Beziehung zu seinen Gerichten und in Beziehung zu seinem Wirken für Israel. 

 

Anzumerken wäre hier noch, dass Elohim die Mehrzahl des Wortes El ist.

 

Zusammensetzungen mit El

Die Zusammensetzungen mit El (bzw. auch mit Jahwe; siehe unten) sind keine neuen Namen Gottes sondern Bezeichnungen oder Titel, die oft aus Schlüsselereignissen entstanden sind. Sie beschreiben Aspekte Gottes, die erfahren wurden und auch heute noch erfahrbar sind. Denn Gottes Wesen verändert sich nicht. 

Einige Beispiele:
El Shaddai: Die Herkunft von Schaddai ist nicht ganz klar. Manche leiten Schaddai von einem Wort ab, das „Berg“ bezeichnet. Andere nehmen an, dass es die Grundbedeutung „stark sein“ oder „Herr“ hat.

Allgemein wird dieser Gottesname so verstanden, dass er Gott als den Allmächtigen bezeichnet. So offenbart sich Gott den Erzvätern, um ihnen Trost zu spenden und den Bund mit Abraham zu bestätigen. (1.Mose 17,1, 1.Mose 28,3, 1.Mose 35,11).

 

El Eljon: Dieser Name betont Gottes Stärke, Souveränität und Erhabenheit: Er ist Gott, der Höchste. Er wird erstmals von Melchisedek verwendet, als er Abraham segnet (1.Mose 14,19).

 

El Olam: Dieser Name bedeutet der ewige Gott. „Olam“ stammt von einer Grundform mit der Bedeutung „von der grauen, undenklichen Vorzeit“ oder auch „von der ununterbrochene Zukunft“. Er betont Gottes Unveränderlichkeit (1.Mose 21,33, Psalm 100,5) und wird mit seiner grenzenlosen Kraft in Verbindung gebracht (Jesaja 40,28).

 

El Roi1: Der Gott, der sieht. Dieser Name wurde Gott von Hagar gegeben, als er von der Geburt Ismaels zu ihr sprach (1.Mose 16,13).

 

Jahwe

Der zweite Name Gottes ist der Name, mit dem er sich persönlich offenbart hat: JHWH oder Jahwe (Herr). Dieser Name kommt am häufigsten vor, im Alten Testament etwa 5321 Mal. Der Ursprung von JHWH ist nicht eindeutig geklärt. Allgemein wird angenommen, dass sich das Wort von der Wurzel „hawa“ herleitet, mit der Bedeutung von „sein“, „werden“, bleiben“.

 

Den Namen verwenden schon Menschen zur Zeit Sets, Noahs und Abrahams (1.Mose 4,6). Aber erst Mose wurde die tiefe Bedeutung des Namens geoffenbart. Gott ist den Erzvätern erschienen, aber nicht unter seinem Namen Jahwe (2.Mose 6,2-3). Die Offenbarung wurde erst Mose am brennenden Dornbusch zuteil, indem sich Gott als der „Ich bin, der ich bin“ oder „ich werde sein, der ich sein werde“ vorstellt. Hier bedeutet der Name vor allem Gottes Gegenwart bei seinem Volk Israel.

 

Weil „Jahwe“ Gottes persönlicher Name ist, betrachtete man ihn nach dem babylonischen Exil als heilig und unaussprechlich. Deshalb ersetzte man ihn für gewöhnlich mit Adonai (siehe unten), so dass im 6. und 7. Jahrhundert v.Ch. die Konsonanten JHWE mit den Vokalzeichen von Adonai versehen wurden. So wurden die Vorleser in der Synagoge daran erinnert, das heilige Tetragramm JHWH nicht zu lesen, sondern stattdessen „Adonai“ auszusprechen. Dadurch entstand das Kunstwort „Jehova“.

 

Manche deutsche Bibelübersetzungen benutzen das groß geschriebene HERR um deutlich zu machen, wann im hebräischen Grundtext Jahwe verwendet wird. So kann man diesen Gottesnamen von der Anrede Herr (Adonai) unterscheiden.

 

Zusammensetzungen mit Jahwe

So wie es Gottesnamen gibt, die sich mit El zusammensetzen, so gibt es auch Verbindungen zwischen Jahwe und Eigenschaften, die Gott selbst offenbart hat oder die von Menschen so erfahren wurden.

Einige Beispiele:
Jahwe Zebaoth: Der Herr der Heere/ Heerscharen (1.Samuel 1,3). Dieser Vergleich aus dem Kriegsleben bezeichnet Jahwe als den Oberbefehlshaber der himmlischen Engelsheere, sowie des Kriegsheeres Israels. Gott ist der eigentliche Führer und Bewahrer Israels.

 

Jahwe Jireh: Der Herr sieht. Nachdem der Engel des Herrn einen Widder als Ersatz für Isaak bereitgestellt hatte, nannte Abraham den Ort „der Herr sieht“ (1.Mose 22,14).

Jahwe Shalom: Der Herr ist Frieden (Richter 6,24).

Jahwe Makkadeschem: Der Herr, der euch heiligt (2.Mose 31,13).

Jahwe Roi1: Der Herr, mein Hirte (Psalm 23,1).

 

Jahwe Zidkenu: Der Herr, unsere Gerechtigkeit (Jeremia 23,6).

 

Jahwe Rophecha: Der Herr, dein Arzt (2.Mose 15,26).

 

Jahwe Elohim Israel: Der Herr, der Gott Israels (1.Mose 33,20).

 

Adonai 

Wie Elohim ist Adonai ein Majestätsplural. Die Einzahl bedeutet „Herr“, „Meister“, „Eigentümer“. Das Wort wird auch für die Beziehung zwischen Menschen verwendet. Ein Beispiel ist das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven. 

Daneben wird mit Adonai aber auch die Beziehung zwischen Gott und den Menschen beschrieben. Dabei ist es bezeichnend, dass Menschen Gott auf diese Art und Weise als ihren Herrn anreden (1.Mose 15,2, 2.Mose 4,10). Wenn Gott im Alten Testament mit diesem Namen genannt wird, dann drückt der Mensch damit sein Vertrauen aus. Er weiß, dass er unter Gottes Leitung und Schutz steht.

 

Griechische Bezeichnungen und Übersetzungen der Gottesnamen: Theos

Theos ist der häufigste Gottesname, der später auch im Neuen Testament verwendet wird. Dazu ist er die Standardübersetzung von El/ Elohim in der Septuaginta. Die Septuaginta ist die älteste, durchgehende altgriechische Übersetzung des hebräischen Tanach (jüdische Bezeichnung des Alten Testamentes). Sie ist das Werk griechischstämmiger Juden aus Alexandria. Fast immer ist mit Theos der wahre Gott gemeint. Manchmal werden damit aber die Götter der Heiden bezeichnet, die als falsche Götter zurück gewiesen werden. Die Verwendung von Theos offenbart eine Anzahl wesentlicher Wahrheiten über Gott.

  • Er ist der einzige wahre Gott.
  • Er ist alleine Gott.
  • Er ist transzendent.
  • Er ist der Heiland. 

Jesus als Theos

Jesus Christus, der Sohn Gottes, wird an mehreren Stellen des Neuen Testamentes als Theos (Gott) bezeichnet:Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Johannes 1,1
Thomas antwortete und sprach zu ihm [Jesus]: Mein Herr und mein Gott [Theos]! Johannes 20,28
In Titus 2,13 findet sich wohl die deutlichste Gleichstellung von Jesus mit Gott in den Schriften des Apostels Paulus:

 

Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes [Theos] und unseres Heilands Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken. (Titus 2,11-14).

 

Griechische Bezeichnungen und Übersetzungen der Gottesnamen: Kyrios

Kyrios (Herr) wird in der Septuaginta gebraucht, um die Begriffe Jahwe und Adonai zu übersetzen. Im Neuen Testament findet man von den 717 Verwendungen von Kyrios die meisten bei Lukas (210) und Paulus (275), da sie für die Menschen in der griechischen Kultur und Sprachwelt schrieben. Kyrios betont Autorität und Erhabenheit. Es bedeutet Herr als Anrede, Eigentümer, Meister, kann aber auch für einen Götzen oder den Ehemann stehen.  

Wo Gott als Kyrios bezeichnet wird, steht vor allem seine Schöpfergewalt, seine in der Geschichte offenbarte Macht und seine gerechte Herrschaft über das Universum im Vordergrund.

 

Jesus als Kyrios

Während seines irdischen Lebens wurde Jesus als „Herr“ im Sinne von Rabbi oder Meister angesprochen. Thomas erkennt ihn als Herrn, indem er ihm zuruft: „Mein Herr [Kyrios] und mein Gott!“ (Johannes 20,28).

 

Für Judenchristen und römische oder griechische Christen aus dem 1.Jahrhundert, die im Alten Testament belesen waren, stand „Kyrios“ gleichbedeutend mit dem Gott des Alten Testamentes. Im Zusammenhang mit einem Vers wie Römer 10,9 bedeutete dies, dass jeder Jude, der Jesus als Herr (Kyrios) bezeichnete, damit gleichzeitig anerkannte, dass Jesus Gott ist.

 

Jesus als der ewige „Ich bin“

Das Fundament des christlichen Glaubens war es also, Jesus von Nazareth auch als den Jahwe des Alten Testamentes zu bezeugen. Wenn wir im Zitieren und Lesen des Alten Testamentes in deutscher Übersetzung HERR lesen, sehen wir darin auch bereits Jesus verborgen. 

 

Jesus Christus ist derselbe, der sich den Erzvätern, Mose und den Propheten als JHWH offenbarte. Damit liest sich Johannes 8,56-58 so: Jesus zeigt hier den Juden, dass er selbst der große „Ich bin“ (Jahwe: siehe oben) ist. Er ist der gleiche, der zu Mose im Dornbusch gesagt hatte: „Ich bin, der ich bin“ (2.Mose 3,14).

 

Auch die „Ich bin“ – Worte Jesus machen das deutlich (z.B. Johannes 10,11: Ich bin der gute Hirte). Durch die grammatikalische Form, die Jesus dort im Griechischen verwendet, macht er deutlich, dass er sich mit Jahwe gleichsetzt.

 

Auch ein Vergleich von Hebräer 13,8 mit Maleachi 3,6 bestätigt, dass Jesus Herr und Gott ist.
Aber auch Gott der Vater ist JHWH, ganz Gott. Beide sind eins wie Jesus selbst gesagt hat: „Ich und der Vater sind eins.“ (Johannes 10,30)

 

Der Unterschied liegt in der Bezeichnung „Vater“ und „Sohn“. Gott ist der Einzige, der Eine, der Ewige, der sich den Menschen geoffenbart hat als Vater und Sohn (und Heiliger Geist).

 

Gott als Vater

Eine Besonderheit des Neuen Testamentes ist die Offenbarung Gottes als Vater der Christen. Im Alten Testament wird Gott nur 15 Mal als Vater angesprochen (5.Mose 32,6, Psalm 103,13, Jesaja 63,16). 

 

Im Neuen Testament ist das hingegen 245 Mal der Fall und wird möglich, weil Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung die Vater–Kind–Beziehung zwischen Mensch und Gott wieder möglich gemacht hat (Johannes 1,12).

 

Als Vater gibt Gott seinen Kindern Gnade und Friede (Epheser 1,2), gute Gaben (Jakobus 1,17) und Gebote (2.Johannes 4). Gott darf im Gebet als Vater angesprochen werden (Matthäus 6,9, Epheser 2,18, 1.Thessalonicher 3,11).

 

Fazit

Gott offenbart sich in der Bibel unter verschiedenen Namen und Titeln. Im Alten Testament begegnet er den Menschen meistens unter dem Namen Jahwe, im Neuen Testament sind die Begriffe Kyrios und Theos vorherrschend.

Dabei stehen die einzelnen Bezeichnungen nicht in einem Gegensatz zueinander. Sie ergänzen sich vielmehr und zeigen jeweils einen anderen Aspekt von Gottes Wesen auf.  

 

Wer auf die genaue Bedeutung der Namen achtet und auch beobachtet, in welchem Zusammenhang sie gebraucht werden, kann dadurch einen tieferen Einblick in Gottes Handeln und Sein gewinnen. Deswegen lohnt sich ein genauer Blick auf Gottes Visitenkarte nicht nur von sprachlicher oder theologischer Seite her. Auch das persönliche Glaubensleben, die Kenntnis von Gottes Wesen und dadurch das Vertrauen zu ihm, können davon profitieren.