Wer Vater oder Mutter mehr liebt, denn mich, der ist meiner nicht wert. Und wer Sohn, oder Tochter mehr liebt, denn mich, der ist meiner nicht wert.
Wenn der Herr sagt, wir dürfen Vater, Mutter, Sohn und Tochter nicht mehr lieben, als ihn, so meint er damit nicht, dass wir sie so viel lieben dürfen, als ihn. Darüber belehrt er uns klar, wenn er uns zuruft: „du sollst lieben Gott deinen Herrn von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften.“ So dürfen wir keine Kreatur lieben, auch Eltern und Kinder nicht. Wir sollen sie von Herzen lieben, sie sollen einen warmen Platz in unseren Herzen haben; aber das ganze Herz gehört nur dem Herrn, keinem Menschen.
Wie steht es aber bei vielen Menschen in Wirklichkeit? Sie lieben ihre Angehörigen, besonders ihre Kinder mehr, als den Herrn. Das merkt man am Besten bei Todesfällen. Wie untröstlich kann man da sein, ja wie mürrisch gegen Gott! Wären solche Stimmungen möglich, wenn man den Herrn mehr liebte, als die Verstorbenen, wenn man ihn von ganzem Herzen liebte? Hat die Liebe Jesu vom Herzen Besitz genommen, so hat man Trost auch am Grabe der Liebsten und kann nicht gegen Gott murren.
Dass manche Eltern ihre Kinder mehr lieben, als den Herrn, sieht man auch daran, dass sie es nicht vermögen, ein Kind in die Mission, oder in den Diakonissendienst zu geben; eher geben sie eine Tochter einem zweifelhaften Mann, wenn er nur Geld hat. Willst du wissen, ob du Eltern oder Kinder mehr liebst, als den Herrn, so frage dich, ob du beten kannst: Herr, du kannst meine Lieben krank werden lassen, du kannst sie sterben lassen; mache sie nur selig. Kannst du so beten, so ist dir der Herr am liebsten.
Erforsche mich Gott und erfahre mein Herz! Prüfe mich, ob ich Dich von ganzem Herzen liebe, und mache mich los von allem, was zwischen mir und Dir ist. Amen