Otto Stockmayer aus "Die Gnade ist erschienen"

 

Vor dem Richterstuhl Christi

 

Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richtstuhl Christi. - 2. Kor. 5,10

 

Wollen wir, wenn wir die Grenze des Jenseits überschreiten, wenn wir vor dem Heiligen erscheinen sollen, der Augen hat wie Feuerflammen, nichts mehr zu deklarieren haben, so müssen wir uns mit allem, was wir sind und was wir haben, dem Gericht oder Urteilsspruch ausliefern; wir müssen alles vor unserem Herrn und Heiland ausbreiten, uns jetzt, heute von ihm durchrichten lassen. Durch den Gerichtshof geht es zum Gnadenthron (Hebr. 4,16). Macht es nicht wie gewisse Leute, die wohl zum Rauchaltar und ins Allerheiligste vorzudringen suchen, aber dem Brandopferaltar aus dem Wege gehen! Indem Christus seinen Leib als lebendiges Opfer darbrachte, hat er uns den Weg gebahnt, dass auch wir uns nun als lebendiges Opfer Gott darstellen können.

 

In dem Maße, als sich eure Augen öffnen, werdet ihr auch nie geahnte Möglichkeiten in der Heiligen Schrift entdecken, ihr werdet euch schämen, dass ihr euch begnügt habt mit einer euch von Menschen aufgedrungenen Karikatur der Heiligkeit. So nur konnte es dem Feind gelingen, euch dem Gesichtskreis wahrer Heiligkeit, die niemand selbst erlangen kann, und deren Möglichkeit euch auch nicht im Traum eingefallen wäre, zu entrücken. Gott aber hat uns in seiner Gnade wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, der Wiederkunft Christi, und deshalb führt er uns durch immer tiefer gehende Reinigung zur Umgestaltung in die völlige Gleichförmigkeit mit der Lammesnatur.

 

Äußere Formen und Systeme können kein Menschenherz reinigen. Wird aber die Wiederkunft Christi zur lebendigen Hoffnung in dir, so dass sie dich völlig in Besitz nimmt, so wirst du nicht mehr versuchen, dem Urteil des Wortes Gottes, diesem Schwert des Geistes, zu entrinnen; du wirst dein Innerstes ausliefern, dass es gerichtet, verurteilt und dem Siegesfürsten unter die Füße gelegt werde. Bist du einmal fest davon überzeugt, dass es dem Heiligen Geist gelingen wird, Christus eine Gemeinde darzustellen, an der er, der Heilige, weder Flecken oder Runzeln oder des etwas finden kann, so wird diese Hoffnung zur treibenden Macht in dir werden.

 

Nie stellt dir der Geist Gottes ein Stück Unreinigkeit vor Augen, ohne dir zugleich im Blut und im Geist Christi, jeder entsprechend, neues Leben und umgestaltende Macht zu zeigen. Dann kann uns der Heilige Geist von Reinigung zu Reinigung führen. Und scheint es dir ganz unmöglich, von gewissen Dingen frei zu werden, wohlan, so lerne durch diese tiefe Demütigung in Römer 8,2 einzudringen und einem Gott zu bekennen: In den Wunden Jesu allein finde ich Heilung und nicht in meiner eigenen Heiligungsarbeit.

 

Gott sei Dank, dass er sein Schwert nicht zurückziehen kann, bis es durchs innerste Mark hindurchgedrungen ist, und dass sich keine Spur eigenen Lebens in uns regen kann, für die es nicht nur Vergebung, sondern auch Reinigung und Heilung im Blut Jesu gäbe, die über unsere bisherige Erfahrung geht!

 

Andacht zum 22. Januar