Otto Stockmayer aus "Die Gnade ist erschienen"
Der Ältere soll dienstbar werden dem Jüngeren, wie denn geschrieben steht: "Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst." Römer 9,12.13
Von "rohen Diamanten"
Ein gereinigter, geschliffener Kieselstein ist doch gewiss viel schöner als ein ungeschliffener Diamant. Der rohe Diamant muss eben geschliffen werden, und ein Kenner weiß, dass Diamanten nur durch Diamanten geschliffen werden können.
Du möchtest deinen Bruder schleifen und bist selber noch nicht geschliffen. Erst muss an uns die Arbeit der Reinigung geschehen, sonst können wir anderen nicht dienen. Jakob war ein roher Diamant, und nur das Auge Gottes erkannte ihn. Kein Wunder, wenn die Welt auch heute noch nichts Edles an Israel sieht, während Gott weiß, dass in diesem versunkenen und so tief gesunkenen Volk etwas steckt, eine Macht, ein Lebenssaft, aus dem er etwas machen kann. Auch wenn es sich um äußere Dinge nur handelt, so zittert die moderne Bildung vor Israel. Wie wird's erst sein, wenn der Sinn dieses Volkes auf das Ewige gerichtet ist! Jakob wollte das Erstgeburtsrecht haben um jeden Preis.
Die berufenen Heiligen, wenn ihnen in ihrem heiligen Leben das Heilige angeboten wird, so wachen sie auf und spüren heimatliche Luft. Sie lassen sich herausbringen aus all dem, was den Diamanten verunstaltet, und geben sich gern her, um sich völlig reinigen zu lassen. Ein unseliges Gemisch von Heiligem und Unheiligem schleppt manches Gotteskind oft jahrzehntelang mit sich durchs Leben, ein Gemisch von Natur und Gnade, von Gesetz und Evangelium. Sie rufen und schreien nach der Taufe des Heiligen Geistes, merken dabei aber nicht auf das, was der Herr gesagt hat, dass das Heil so nahe ist: das Wort ist dir nahe in deinem Munde und in deinem Herzen. Dies ist das Wort vom Glauben, das wir predigen. Wir brauchen nicht hinunterzufahren in die Tiefe, um Christus zu holen, und auch nicht hinauf gen Himmel zu fahren, um ihn herabzuholen (Römer 10,6-8); er ist dir nahe, darum wacht auf!
Als Jakob in Bethel aufwachte, hatte er den tiefen Eindruck: Gott ist da! Und so muss es auch bei uns sein; wenn er da ist, so ist er da, um dir zu helfen. Er bringt uns nicht mechanisch auf eine höhere Stufe des Geistes, sondern er geht mit zarter Hand den verschlungenen Fäden unseres verkrüppelten Christentums nach und schafft Ordnung und heilt uns; und wir wollen ihm Zeit lassen, dass er an uns arbeiten kann und dass wir wie die Jünger des Herrn mit Kraft für die Arbeit ausgerüstet werden. Bei Jakob handelte es sich darum, der Träger der Verheißung zu werden, d.h. für andere da zu sein. Wir sollen besser dienen, darum lesen wir diese Andachten. Gott will uns künftig noch mehr gebrauchen.
aus "Die Gnade ist erschienen" von Otto Stockmayer, Tag 06. Juli