Otto Stockmayer aus "Die Gnade ist erschienen"

Mose und Elia und Gottes Heiligkeit

 

Mose und Elia redeten mit ihm von seinem Ausgang 

Lukas 9,31

 

Es liegt eine gewisse Wehmut über dem Abschluss der Wirksamkeit der beiden Männer, die mit Jesus auf dem Berge der Verklärung von seinem Ausgang reden.

 

Wie mancher hat wohl schon gedacht: O wie schade, dass Mose am Ende der Wüstenwanderung vor der Tür des verheißenen Landes noch wanken muss! Ja, er hat gewankt, dieser Mose, der vierzig Jahre lang die Last des halsstarrigen, wankelmütigen Volkes getragen, der Proben geliefert wie kaum ein anderer - der Mose, der nicht nur Satan widerstanden hat, als dieser ihm die Schätze und Reichtümer Ägyptens vorhielt (Hebr. 11,26), sondern der auch in heiliger Stunde seinem Gott zu widerstehen wusste, dass er das widerspenstige Volk nicht ausrotte und ihn selber zum großen Volk mache. Dieser Mose, der so unerschütterlich dagestanden, der lässt sich jetzt fortreißen von der Strömung des Volkes und fragt: "Werden wir auch Wasser aus dem Felsen bringen?" (4. Mose 20,10)

 

Denkt ihr: Wie konnte Gott um des einen Misstrauens, um der einen Verleugnung willen seinen treuen Diener so strafen, dass er ihn ausschließt von dem verheißenen Land? Liebe Freunde, lernen wir unseren Gott und die Heiligkeit seiner Gebote erst kennen! - Wer eins seiner Gebote übertritt, der ist des ganzen Gesetzes schuldig. - Nur wer gelernt hat, sich beugen unter Gottes Maßstab, kann verstehen, was das Blut des Lammes wert ist.

 

Wie bei Mose, so geht es auch bei Elia, dem zweiten Mose, dem Wiederhersteller des Alten Bundes in mitternächtiger Abfallzeit. Das Blut der Böcke und Kälber kann auf solchen einsamen und steilen Höhen, auf welchen Elia zu gehen hatte, nicht vor Schwindel bewahren. Das Alte Testament mit allen seinen Einrichtungen und Gnadengütern, mit seinen Opfern, seinem Priester- und Prophetendienst konnte durch die Jahrhunderte hindurch das Menschenherz nie endgültig überwinden, konnte es nie mit seinem Gott unverbrüchlich wieder verbinden. Es hätte ja auch sonst gar keines Neuen Bundes bedurft, des Bundes im Blut des unbefleckten Lammes.

 

Das Blut des Lammes allein kann bewahren und decken gegen jeden Wiederaufbau der Bollwerke, die die vorbereitende Gesetzesarbeit niedergerissen; es kann bewahren vor dem Wiederhinabsteigen in die Täler und Tiefen fleischlicher Traurigkeit und Verzagtheit, nachdem der Herr sie ausgefüllt hatte. Das Blut des Lammes schützt vor krummen Wegen und vor Rückschlägen; es erhält auf gerader Linie, stracks gen Jerusalem. - Es liegt das in der Natur des Neuen Bundes im Gegensatz zum Alten.

 

aus "Die Gnade ist erschienen" von Otto Stockmayer, Tag 22. März