Otto Stockmayer aus "Die Gnade ist erschienen"

Durch den Glauben ward gehorsam Abraham, da er berufen ward, auszuziehen in das Land, das er ererben sollte; und ging aus und wusste nicht, wo er hinkäme.

Hebräer 11,8

 

Für menschliches Ermessen UNMÖGLICH!

 

Wer glaubt, sieht nicht auf das, was vor Augen ist, auf die Heimat, Verwandtschaft und Vergangenheit, von der er sich trennen muss; er baut auf seinen Gott, der ihm ein besseres Land und eine bessere Zukunft verheißen hat, und macht sich auf den Weg, ohne zu wissen, wohin.

 

Er spürt in sich keinerlei Kraft, um sich unter das im Fleisch Christi über ihn ausgesprochene Todesurteil zu stellen, keinerlei Kraft, um mit seinem früheren Leben zu brechen und seine Götzen zu opfern, um sich loszureißen von allem, was ihm hier unten lieb und teuer war. Er fühlt sich gebunden und ohnmächtig. Alles, was er an sich und um sich her wahrnimmt, steht der Verwirklichung der ihm von Gott gegebenen Verheißung entgegen, ja macht sie für menschliches Ermessen unmöglich (Röm. 4,17-24). Trotzdem traut er seinem Gott, dem starken und wahrhaftigen Gott, der sein Wort nicht brechen kann, der die Toten lebendig macht und dem, was nicht ist, ruft, dass es sei.

 

Wer glaubt, sieht ab von seinen Stimmungen und Erfahrungen, er kümmert sich weder um seinen Gemütszustand noch um die Schwierigkeiten des Weges; mit einem Gotteswort in der Hand geht er vorwärts, ohne etwas zu fühlen oder zu sehen, ohne Vertrauen oder Glauben in sich zu suchen.

 

Der Glaube ist nicht etwas Greifbares, ein Grund und Boden, auf dem wir fußen könnten. Er ist vielmehr eine Stellung vertrauenden Harrens und Hingebens an den Gott, der gesagt hat: "Ich will ihr Abtreten heilen" (Hos.14,5) und: "Ich bin der Herr, der euch heiligt" (2. Mose 31,13).

 

Der einzige Grund und Boden, auf dem wir festen Fuß fassen können, ist das Werk Christi, die Treue eines lebendigen, mächtigen Hirten, die Verheißung unseres Vaters, der uns zugesicherte Beistand des Heiligen Geistes. Aber dieser Grund und Boden ist dem Auge verborgen, und wer ihn betritt, dem ist es oft, als ob er seinen Fuß in den leeren Raum setzte. Dies ist Glauben.

 

Der Glaube gibt sich nicht Rechenschaft von sich selbst, er gibt sich nicht mit sich selbst ab, er hat es lediglich mit der Natur und dem Wesen des Gegenstandes zu tun, auf den er gerichtet ist. Vom Augenblick an, wo der Gläubige sich selbst und seinen Glauben anschaut, lässt er eben damit nach, zu glauben.

 

Andacht zum 23. Juli