Vergiss nicht, wie stark das "Fleisch" in dir ist!

Wo ihr durch den Geist des Fleisches Geschäfte tötet, so werdet ihr leben. Röm. 8,13

 

 

Der Apostel zeigt uns hier die rechte Siegeskraft über das Fleisch zum Trost und zur Anleitung für alle diejenigen, die ihre eigene Schwachheit und Ohnmacht im Streite fühlen. Um die mächtigen Lüste des Fleisches zu überwinden und zu töten, ist etwas anderes als nur menschliche Kraft erforderlich, wie auch Luther bemerkt, der von dem Töten des Fleisches durch den Geist sagt, dass wir in den Versuchungszeiten „uns erinnern sollen des Wortes Gottes und auch durch den Glauben an die Vergebung der Sünden uns dagegen stärken sollen“.

 

O dass wir alle daran denken könnten, wenn es sehr übel mit uns steht, wenn wir jegliche Kraft im Streite vermissen und nur das Fleisch mächtig fühlen, so dass wir oft fallen und uns vergehen und es uns scheint, als ob Gott tot und aus der Welt verschwunden sei. Dann ist es an der Zeit, mit unserem eigenen Streiten aufzuhören und uns zum Hören der Gnade Gottes in Christus und an das Evangelium und alle Gnadenmittel zu wenden, um unseren gestörten Glaubensfrieden aufzurichten, jeglichen Gedanken an unsere eigene Kraft oder unsere Schwachheit fahren zu lassen und nur eine einzige Frage zu stellen: Gott, erhalte ich Deine Gnade, Deine Vergebung für alles?“

 

Auf diese Frage müssen wir eine bestimmte Antwort haben, bevor wir Kraft empfangen können. Hier aber gilt es, die Antwort nicht im Gefühl, sondern im Worte Gottes zu suchen. Und wenn du jetzt Trost empfängst, dass Gott dein Freund und Vater ist, dann überlass Ihm auch die Sorge für die Überwindung deiner Versuchungen. Denn dies ist das Geheimnis der Siegeskraft. Solange du selber etwas tun zu können meinst, wirst du unausgesetzt fallen. Der Eifer des Herrn um die Verherrlichung Seiner Gnade ist so groß, dass ER lieber unseren schönsten Wandel zunichtewerden lässt, als dass Seine Ehre der Kreatur gegeben würde. Die Schlusslehre aller unserer Kämpfe zur Tötung unseres Fleisches ist die, dass der Herr allein der ist, der die Macht dazu hat, und dass der Herr der ist, der es auch tut, und zwar so, dass ER in uns einen armen Geist sowie Glauben, Willigkeit und Gebet bewirkt, damit wir dieses alles bei Ihm suchen möchten. Und wenn es dahin gekommen ist, dass wir im Glauben alle Gnade und Kraft von Ihm herzlich wünschen, dann führt ER Sein Werk zur Tötung unseres Fleisches bestimmt hinaus, wie immer ER uns nun auch führen mag. Wenn ER unser Gebet erhört und uns Gnade und Kraft gibt, aller Gottlosigkeit und allen weltlichen Gelüsten zu entsagen, dann wird unser Fleisch getötet.

 

Entzieht ER uns aber Seine Kraft und überlässt ER uns der Sichtung des Satans, dann wird unser Fleisch auch getötet, dann wird das Innerste des alten Menschen, nämlich der tiefe Wahn unserer eigenen Kraft getötet.

 

Die Geschäfte des Fleisches, die getötet werden sollen, sind allerlei Äußerungen des innewohnenden Verderbens, das sich in unsere Gedanken, in Worte und Handlungen hineinmischt, so dass es an Gelegenheiten zur Tötung des Fleisches nie fehlt.

 

In Gal. 5 wird eine Anzahl „der Geschäfte des Fleisches“ angeführt. Wenn du auch nicht zu groben Sünden versucht wirst, so hast du doch gegen tiefen Eigensinn, gegen Eigendünkel, Eigenwillen und eigene Ehrsucht beständig zu wachen. Dieses feinere, innere Verderben wird zwar eher vergessen als das äußere und gröbere, ist aber doch die eigentliche Quelle alles Bösen. Darum ist hier eine besonders ernste Aufmerksamkeit vonnöten. 

 

Bedenke oft und tief, dass das, was du selber denkst, willst und meinst, das erste ist, wogegen du Argwohn hegen musst und was am Worte Gottes geprüft und durch die Kraft des Geistes getötet werden muss.

 

Wenn du z.B. zum Zorn und zur Ungeduld gegen die Menschen versucht wirst, dann gilt es, sich dessen zu erinnern, wie viel Gott dir vergibt und wie du deshalb deinem Nächsten vergeben musst. Du wirst vielleicht wegen deiner Erkenntnis, deiner Gelehrsamkeit, Geschicklichkeit und Kunst zum Hochmut versucht; sei dann dessen eingedenk, dass „Gott den Hoffärtigen widersteht, den Demütigen aber Gnade gibt“. Du wirst vielleicht zu unreinen Begierden versucht; dann musst du dessen eingedenk sein, dass du ein heiliger Tempel Gottes bist, der nicht verunreinigt werden darf. Zuerst und zuletzt aber bedenke, dass du in der ewigen Gnade und Gemeinschaft Gottes bist und es dir deshalb geziemt, würdiglich vor Ihm zu wandeln.

 

Du wirst vielleicht zum Geiz und zum Eigennutz versucht; bedenke dann, dass du ein Himmelserbe bist, der nach dem trachten soll und muss, was droben ist.

 

Hier ist ein beständiges Töten des Fleisches nötig, was uns oft ein bitteres Leiden verursacht und darum eine unendliche Geduld erfordert. Selig aber die Menschen, die hierin bis ans Ende aushalten! Sie sind Gottes Kinder und Himmelserben. Es wird gewiss oft bitter schwer, ist aber vor Gott dem Herrn, den Engeln und den Heiligen ein lieblicher Anblick, wenn z.B. ein junger Mensch, der die Welt und ihre Lust sehr liebte, jetzt um des Herrn willen allem entsagt; oder wenn ein Kind, das von Natur sehr eigensinnig war, jetzt gegen sich ankämpft und seinen eigenen Willen dem Willen Gottes und dem der Eltern unterwirft; oder wenn ein Mensch, der sehr zum Hochmut und zur Eitelkeit neigte, jetzt durch die Zucht des Geistes anspruchslos, schlicht und einfach geworden ist. Ja, welch ein schöner Anblick, wenn der Stolze und Jähzornige sich selber zu züchtigen anfängt, um mild, demütig und sanftmütig zu sein. Wenn der Mensch um der Gnade willen, seiner Natur schnurstracks zuwider, so gegen sich selbst zu kämpfen anfängt, dann heißt das durch den Geist die Geschäfte des Fleisches zu töten“.

 

Und solche Menschen werden leben, sagt der Apostel.

 

Sie werden den Himmel einnehmen, sie werden nach einer kurzen Zeit der Tötung des Fleisches mit den Engeln und den Heiligen in einer unendlichen Seligkeit das ewige Leben bei Gott und Seinem Christus genießen.

Römer 8, 12–13

Aus dem ‘‘Täglichen Seelenbrot‘‘ von Olaf Rosenius

Entnommen aus dem Buch von Mag. Olof Rosenius – ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)