Carl Olof Rosenius
So ist unser Schöpfer-Gott
Rede mit der ganzen Gemeinde der Kinder Israel und sprich zu ihnen: Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig, der Herr, euer Gott. 3. Mose 19, 2
Zum Gesetz gehören alle Worte Gottes, welche lehren, was wir sein und tun sollen, alle Worte Gottes, die etwas von uns fordern, seien es innere Eigenschaften oder äußere Werke. Denn das Gesetz Gottes fordert den ganzen Menschen, auch das Innerste seines Wesens, seines Herzens, seiner Gedanken und Begierden. Darum sagen die Gesetzesworte nicht: Deine Hand, dein Fuß, deine Zunge soll dies tun, soll jenes lassen, sondern sie sagen: Du, du, - d.h. sie reden den ganzen Menschen an.
Nimm als Beispiel nur das erste Gebot. Es fordert „unser ganzes Herz, unsere ganze Seele, alle unsere Kräfte und unser ganzes Gemüt“. Und bedenke einmal, was es bedeutet, dass wir Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen sollen.
Es bedeutet, dass ich Gott über alle Dinge fürchten soll, nicht fleischlich, sicher, hart und gleichgültig Gott und meiner Seele gegenüber sein darf, nicht leichtsinnig sündigen darf, sondern bange davor sein muss, Gott zuwiderzuhandeln, und dass ich lieber alles leide, lieber den Tod erdulde, als gegen meinen Gott zu sündigen; es bedeutet, dass ich mit Ernst, Eifer und Kraft gegen die Sünde wache und ernstlich streite und dass ich nicht die eine Stunde wache, bete und streite und die andere Stunde leichtsinnig der Versuchung folge, sondern dass ich zu allen Stunden wache, bete, streite usw.
Dass ich Gott über alle Dinge lieben soll, bedeutet auch, dass ich nicht kalt gegen Ihn, nicht träge und ohne Lust zum Gebet und zum Worte Gottes sein darf, sondern mit der höchsten Lust und Freude mit Gott umgehen soll, so dass ich am liebsten an Ihn denke, am liebsten von Ihm rede und aus Liebe zu Ihm gern alles tue, was Er befiehlt, und gern alles leide, was Er über mich zu ergehen gestattet; denn alles das tut man dem, den man recht liebt.
Gott über alle Dinge zu vertrauen, erfordert einen wahren Glauben an Ihn und eine wahre Zuversicht auf Ihn, verbietet alles Vertrauen auf mich selber und alles Erschaffene, verbietet alle Vermessenheit und Eigenliebe, verbietet alle Verzagtheit, jede Sorge des Unglaubens und allen Zweifel. Kurz: Wenn du alle Gebote Gottes durchgehst, so fordern sie nicht das eine oder das andere Werk, nicht das eine oder das andere Glied, die Hand, den Fuß oder die Zunge, sondern sie fordern den ganzen Menschen.
Deshalb erklärt Christus in Matth.5: Wer nur seinem Nächsten zürnt, ist vor Gott als ein Mörder angesehen, wer eine Frau nur mit unreiner Begierde ansieht, wird von Gott einem Ehebrecher gleich gerichtet.
Aus alledem erkennen wir: Gottes Gesetz fordert nicht nur Werke, sagt nicht nur, was und wie wir es tun sollen, sondern es fordert vor allen Dingen unser Inneres, einen guten Herzenszustand, gute innere Eigenschaften.
Es sagt, was und wie wir sein sollen.
Es gehört also auch das Wort Gottes, das von unserer Gemütsstimmung und unseren Eigenschaften handelt, zum Gesetz. Wenn ich z.B. wegen Kälte, Härte, Leichtsinn, Hochmut, Eigenliebe, Trägheit zum Wort des Herrn und zum Gebet bestraft werde, dann werde ich vom Gesetz bestraft.
Damit aber nicht genug.
Wir finden auch, dass gerade das Innere, der eigentliche Zustand des Herzens, die Gesinnung und die Lust das Größte und Vornehmlichste ist, was Gott vor allen anderen Dingen fordert. Denn wenn ich auch äußerlich noch so fromm lebe, noch so viel Gutes tue und mich alles Bösen enthalte, dabei aber innerlich Gedanken und Begierden hege, die dagegen streiten, Begierden zur Sünde und Unlust zum Guten, so bin ich vor Gott doch denen gleichgestellt, die diese Sünden in der Tat frech und grob ausüben. In einem solchen Zustande, in dem ich das Gute nur aus Zwang, nur um der Drohungen oder Verheißungen des Gesetzes willen tue, kann ich also kein einziges Werk tun, das vor Gott gut ist.
So ist Gott, und so ist Sein heiliges Gesetz.
Denn Gottes Gesetz ist nichts anderes als Seine Heiligkeit, Seine Natur und Sein Wille in Worten ausgedrückt. So wie Er ist, will Er, dass auch wir sein sollen. Was Er liebt, will Er, dass auch wir lieben sollen. Was Er hasst, will Er, dass auch wir hassen sollen. Er kann nicht damit zufrieden sein, dass wir das hassen und verachten, was Er liebt, oder dass wir das lieben, was Er hasst. So wenig wie Er sich mit der Sünde und dem Teufel einigen und mit ihnen umgehen kann, so wenig kann Er es dulden, dass wir mit ihnen umgehen. Daher rührt es, dass Er sich uns als ein Beispiel darstellt und von uns fordert, dass wir heilig und vollkommen sein sollen, gleichwie Er ist, indem Er sagt: „Ihr sollt heilig sein, denn Ich, euer Gott, bin heilig.“ Und Christus spricht: „Seid vollkommen, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“
Ach die armen Toren, die da sprechen: „Gott kann nicht mehr von uns fordern, als wir vermögen.“ Dabei sind Seine angeführten Worte doch so deutlich! Wenn Gott nicht mehr von uns forderte, als was wir gefallenen Sünder vermögen, würde nicht „aller Mund verstopft werden und alle Welt schuldig sein“, ja, dann hätte Christus vergeblich den Tod für uns erduldet.
Weil ganz muss sein ohn’ Fleck und Naht,
Was Gott nicht soll verfluchen,
So geb ich’s auf, mein’n Hochzeitsstaat
Im eignen Werk zu suchen.
Ich suche draußen alle Pracht,
Die einst mich schmück’ und kröne.
Mir selber sag’ ich gute Nacht
Und leb’ in Christi Schöne.
Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ von Carl Olaf Rosenius
(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)