C. O. Rosenius - Tägliches Seelenbrot
Habe ich meinen innerlichen Frieden mit Gott?
Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein. Jes.32,17
Luther sagt: „Ein wahrhaft gutes Gewissen hat Friede, wenn Gott nahe ist; wenn Er aber fern zu sein scheint, dann fürchtet es sich.“ Der Gläubige wird getröstet, wenn Christus sich offenbart, der Ungläubige wird erst recht erschreckt. Der Gläubige spricht: „Wenn ich nur glauben kann, dass alles wahr ist, was von dem Herrn Christus geschrieben steht, dann habe ich Trost.“
Der Ungläubige bebt gerade vor dem Gedanken, dass alles wahr sei, was die Schrift von Christus enthält.
Achte wohl auf dieses Zeichen, denn es ist ein untrügliches Zeugnis dafür, wie du in Wahrheit zu Gott und zu deinen Sünden stehst. Es zeugt davon, inwiefern du mit dem Richter einen Vergleich gemacht hast, inwiefern du am Gnadenthron zu weilen pflegst, dort deine Sünden ans Licht ziehst und Versöhnung suchst oder ob du dich im Gegenteil von Gott fernhältst und nicht mit Ihm von deinen Sünden redest. Es stand nicht gut um David, als er sich fern von Gott hielt und Ihm nicht seine Sünden bekannte. Als er dagegen seine Sünden bekannte und Vergebung empfing, erhielt er Frieden, so dass er mit Herzensfreude singen konnte: „Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind.“
Er hatte nicht den Trost, sich keiner Sünde mehr bewusst zu sein. Er sagt im Gegenteil, dass „alle Heiligen“ ihre Sünden so bekennen sollten, auf dass, „wenn große Wasserfluten kommen, sie nicht an dieselben gelangen“. Damit gibt er deutlich zu verstehen: Der Friede der Heiligen besteht nicht darin, dass sie sich keines Bösen bewusst sind, sondern darin, dass sie ihre Sünden bekennen und Vergebung haben.
Also hängt der Gewissensfriede von der Vergebung der Sünden ab, wogegen ein schauerliches Beben vor Gott von einem unversöhnten Zustand zeugt.
Aber dies dürfen wir nicht so verstehen, als ob alles Beben vor Gott von einem solchen Zustand zeugte. Wie aus den Psalmen Davids und allen Geschichten der Heiligen klar hervorgeht, kann Gott Seine Heiligen so bekümmern und erschrecken, dass sie nichts anderes fühlen, als dass Gott ihnen zürne, so dass sie ernsthaft beben und „vor Unruhe ihres Herzens heulen“.
Beachte aber den Unterschied!
Dies ist dann etwas Gelegentliches und Vorübergehendes; ihr eigentliches Leben ist Friede mit Vertrauen auf Gott, wie der Apostel sagt: „Geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ Und abermals: „Ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater!“ Doch teils durch schwerere Prüfungen vor Gott, teils durch die uns noch anklebende Sünde und Schwachheit im Glauben kommt es dennoch dazu, dass die Heiligen zuweilen zittern. Das bedeutet nichts Böses, wenn das Leben im Großen und Ganzen ein versöhntes, gläubiges Leben ist. Es wäre im Gegenteil ein bedenkliches Zeichen, wenn der Glaube und der Friede durch das soeben Genannte nicht erschüttert würden. Die Geschichten der Heiligen beweisen dies in großer Deutlichkeit.
Etwas ganz anderes ist es, wenn das eigentliche Leben eines Menschen fern von Gott ist, so dass er bei dem Gedanken an das Gericht erbebt.
Solches zeugt von einem falschen, unversöhnten Geist.
Daher rührt es, dass „die Gottlosen keinen Frieden haben, sondern wie ein ungestümes Meer sind“.
Die meisten unter ihnen sind in falschem Frieden so verblendet und bezaubert, dass sie, wie Hiob sagt, „mit Pauken und Harfen jauchzen und fröhlich sind mit Pfeifen. Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen Augenblick vor der Hölle.“ Andere aber sind sich ihres unversöhnten Zustandes bewusst und haben einen düsteren Geist oder wenigstens eine geheime Ahnung davon, was ihrer wartet.
Ein solcher Mensch kann sich zwar bemühen, seine Unruhe mit Werken der Barmherzigkeit oder Andachtsübungen und vielerlei Derartigem zu beschwichtigen.
Der Gedanke an das künftige Gericht und die Ewigkeit beunruhigt ihn aber immer aufs Neue. Er kann nie dessen gewiss sein, dass er genug getan habe, um selig zu werden. Er befürchtet immer, dass doch noch etwas fehlen könnte, und denkt an eine Zukunft, wo es besser werden soll, - oder er sucht die Forderungen Gottes so herabzusetzen und sie seinem Zustand und Lebenswandel so anzupassen, dass er wagen könnte, auf ein gnädiges Urteil zu hoffen.
So schwebt seine Seele auf den Wellen des stürmischen Meeres auf und nieder, und alles ist so, wie Gott sagt: „Sie haben keinen Frieden.“ Wenn die Strafgerichte Gottes oder der Tod und die Ewigkeit oder die Nähe des Herrn ihnen plötzlich vor die Augen treten, dann beben sie.
Sie scheinen Frieden zu haben, aber nur solange sie nichts von Gott spüren. Ihr Friede ist vorbei, wenn sie gewahr werden, dass der Herr nahe ist.
Das ist ein unglückseliger Zustand.
Möchte ein jeder dies zu Herzen nehmen und sich vor dem Herrn fragen: „Habe ich Frieden mit Gott?
Habe ich die Versöhnung gesucht und gefunden?
Kann ich in dieser Stunde dem Richter begegnen?
Habe ich mehr Frieden, wenn Gott mir nahe scheint, so dass ich leide, wenn ich Seine Gegenwart vermisse?
Oder ist es eine Bedingung für meinen Frieden, dass ich Gott vergessen kann?“
Das zeugt davon, wie es um das Gewissen steht.
Ist es öde und leer allzeit
In dem Herzensschrein,
Suchst vergeblich du Ruh und Freud
Hier durch Trug und Schein,
Dann hat Jesus, das Licht der Welt,
Noch nicht hineingeschienen;
Denn wo Er kommt, da wird es hell,
Da fängt es an zu grünen.
Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ Andacht zum 01. Mai von Carl Olaf Rosenius
(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)