C.O. Rosenius - Andacht aus "Tägliches Seelenbrot"
ER gibt mir so viel, wie ich tagtäglich benötige!
Wie viel Er wollte. Joh. 6, 11
Als Jesus in der Wüste eine Menge von mehr als fünftausend Menschen sah, wandte Er sich wegen der Speisung einer solchen Schar mit der Frage an Philippus, den armen und ratlosen Jünger: „Wo kaufen wir Brot, dass diese essen?“ „Das sagte Er aber“, so schreibt Johannes nachher zu dieser Frage, „ihn zu versuchen, denn Er wusste wohl, was Er tun wollte.“ Wundern wir uns bei diesem Beispiel nicht, dass der Herr eine so besorgniserregende Frage an einen armen, ratlosen Jünger stellt? Wenn Er jetzt nicht mehr unmittelbar mit uns redet, um uns zu bekümmern und zu prüfen, dann tut Er es durch die uns übermittelten Erfahrungen, durch die auch wir genau die gleichen Herzensfragen wie ein Philippus erhalten, als ob es der tiefste Ernst wäre, dass wir für eine Schar sorgen sollten, die wir doch nicht ernähren können.
Das aber tut der Herr, „um uns zu versuchen“, sagt Johannes, „denn Er weiß wohl, was Er tun will.“ Es geht uns dann oft geradeso wie dem Philippus und dem Andreas, dass wir die Absicht des Herrn nicht verstehen, sondern in vollem Ernst die Vorräte zu berechnen anfangen und nicht glauben, dass es einen anderen Rat gibt, nicht glauben, dass wir mehr haben, als wir vor Augen sehen. Philippus dachte und berechnete ganz richtig, dass für „zweihundert Groschen Brotes nicht genug unter sie sei, dass ein jeglicher unter ihnen ein wenig nehme“. Vermutlich wusste er, dass ihr Vorrat, den Judas verwaltete, nicht mehr zählte. Andreas wollte auch an der Sorge teilnehmen und bemerkte noch einfältiger: „Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so viele?“ Da war es vorbei mit den Ratschlägen der Jünger. War es aber auch vorbei mit denen des Herrn? Nein, jetzt erst war Seine Stunde gekommen. Er sprach: „Schaffet, dass sich das Volk lagere!“ Und jetzt teilte Er aus, nicht so viel sie hatten, sondern so viel Er wollte.
So geht es mit den Prüfungen aller Kinder Gottes. Sooft sie in der Prüfungsstunde die Vorräte überschlagen, wird das Ende der Berechnung stets sein: „Was ist das unter so viele?“ Aber wir sollten aus diesen Worten lernen, dass der Herr, soviel Er wollte, austeilte. Wenn wir dieses Wort annehmen wollen, sagt es uns ja das ganze Geheimnis aller unserer Prüfungen, nämlich dass der Herr jedem einzelnen „gerade so viel zuteilt, wie Er will“.
Es kostet Gott gleich viel, uns reich zu machen oder uns auf ärmerem Fuß zu erhalten!
Er hat die ganze Schöpfung in Seiner Hand und könnte sehr leicht alle irdischen Reichtümer auf uns niederregnen lassen, gleichwie Er über das Lager der murrenden Israeliten Wachteln streute, so dicht, dass sie zwei Ellen hoch über der Erde lagen. Es wäre aber unserer Seele nicht heilsamer, als dieser Überfluss ihren Leibern war. „Sie befriedigten ihre Lust; da aber das Fleisch noch unter ihren Zähnen war, verfielen sie dem Zorn Gottes.“ Sie aßen und starben zur Strafe für ihre Lust, daher heißt diese Stätte „Lustgräber“.
Lasst uns darum nicht murren oder Begierden haben, gleichwie sie sich gelüsten ließen und getötet wurden.
Wie große Versuchungen führt doch der Überfluss mit sich! Sieh, welche harten Worte der Herr über die Reichen redet: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes komme!“ Gott, führe uns nicht in Versuchung! „Das Glück eines Christen ist, kein besonderes Glück auf Erden zu haben.“ „Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so lasst uns genügen.“
Soviel hat der Herr uns zu begehren erlaubt, unser tägliches Brot, also unseren wirklichen Bedarf.
Gott bewahre alle Christen vor einer so „unabhängigen Stellung“, in der sie nicht mehr nötig hätten, „Gott auf die Finger zu sehen“. Wie glücklich dagegen, als Kinder vom Brot unseres Vaters zu leben!
Er wird kein unbarmherziger Vater sein.
Oder meinst du, dass Er das Vertrauen solcher Kinder täuschen würde, die auf Seine Worte bauen und alles von Ihm begehren? Er selber sagt, dass wir, die wir arg sind, doch nicht so arg sind, dass wir dem Kind, wenn es Brot begehrt, einen Stein geben, und wenn es einen Fisch begehrt, ihm eine Schlange geben. Sollten wir nun meinen, dass Gott uns unser täglich Brot nicht geben werde, wenn Er selber uns gelehrt hat, es von Ihm zu begehren? Sollten wir nicht Seinen Worten glauben und gerade, wie Er uns befohlen hat, tun? Freilich, die Weise, die Zeit und das Maß will Er nach Seiner Weisheit und Güte bestimmen; aber unser tägliches Brot wird Er uns wahrlich geben.
Weicht, ihr finstern Sorgen,
Denn für heut’ und morgen
Sorgt ein andrer Mann.
Lasst mir jetzt den Frieden,
Dem hab’ ich’s beschieden,
Der es besser kann.
Schreit die Welt gleich immer Geld.
Ich will Hosianna schreien,
Glauben und mich freuen.
Wenn ich Ihn erkenne
Und Ihn Vater nenne,
Wie Sein Geist mich lehrt,
So bin ich, der Sünder,
In der Zahl der Kinder,
Die Er bitten hört.
Mein Gebet wird nicht verschmäht.
Vater heißen, Kinder haben,
Das erfordert Gaben!
Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ Andacht zum 27. April von Carl Olaf Rosenius
(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)