Die heilige Ruhe des Herrn

 

Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, darum dass Er an demselben geruht hatte von allen Seinen Werken, die Gott schuf und machte. - 1. Mose 2, 3

 

Wenn wir an die Betrachtung dessen gehen, was der große Gott mit Seiner ersten Stiftung für die Menschen beabsichtigte, dann werden wir abermals in die bodenlose Tiefe der Liebe und Treue Gottes, in Seinen hohen Ewigkeitsrat über sein Ebenbild und seinen Erben, den Menschen, hineinblicken. Dieser war für ein ewiges Leben im Himmel erschaffen, sollte dafür aber hier auf Erden erzogen werden. Darum hat der gnadenreiche Gott für diese Erziehung zur Ewigkeit ein gewisses Maß seiner Zeit, nämlich jeden siebenten Tag, absondern wollen. „Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn“, auf das Sein Volk bis ans Ende der Tage durch diesen Tag zur Verehrung Gottes, zur Vorbereitung auf das ewige Leben gerufen und erweckt werden sollte. Das Leben in Gott und mit Gott ist das einzige wahre Leben des Menschengeistes, ist das ewige Leben, das im Himmel fortgesetzt und vollendet werden soll. Dieses ewige Leben, das das Ziel des Menschen ist, kann weder erlangt noch erhalten werden, wenn der Sinn des Menschen nur auf das Irdische zielt; er ist dann unfähig, das Himmelsleben zu führen.

 

Darum hat Gottes treue Fürsorge um dieses höchste Gut des Menschen den Ruhetag ausgesondert, um in dieser Weise eine sich immer wiederholende Gelegenheit zur Erweckung und Ernährung des himmlischen Lebens zu bieten. Die Sabbattage sind darum für die Kinder Gottes Ewigkeitstage auf Erden. Und wer keine Ewigkeitstage hat, wer nie in der Zeit auf den Himmel vorbereitet wird, kann auch nie in der Ewigkeit das Himmelsleben genießen. Der Sabbat ist sowohl eine Vorbereitung als auch ein Vorgeschmack, ein Vorbild auf das ewige Leben, wie Hebr. 4 zeigt, wo der Apostel diese „Ruhe, die dem Volke Gottes vorhanden ist“, mit einem Wort im Grundtext ausdrückt, das Sabbatruhe oder Sabbatfeier bezeichnet.

Außer für diesen Hauptzweck des Sabbats, unsere Vorbereitung auf das ewige Leben, haben wir dem Herrn noch für einige besondere Wohltaten dieser Stiftung zu danken. Da Gott uns diese wichtige Fürsorge nicht nur in allgemeinen Worten empfahl, sondern auch eine gewisse Zeit festsetzte, die zu unserem ewigen Wohle angewendet werden soll, so ist Er nicht nur im Allgemeinen unserer gefallenen, irdisch gesinnten Natur zu Hilfe gekommen, sondern Er hat dabei besonders auch an die unter uns gedacht, die unter der Gewalt anderer stehen, wie z.B. Kinder, Diener und Untergebene, und hat über ihr Recht an der Nahrung ihrer Seele mit dem Worte Gottes gewacht, indem Er im dritten Gebot jedem Hausvater oder jeder Hausmutter verbietet, ihre Dienstboten am Ruhetag durch gewöhnliche Alltagsarbeiten vom Worte Gottes abzuhalten.

 

Welche Wohltat liegt allein schon darin! Denn hätte der Herr nicht dem irdischen Sinn diese Grenze abgesteckt, so wäre wohl das ganze Menschengeschlecht, vor allem Diener und Untergebene, sowohl dem Geist als auch der Seele nach ganz und gar unter der Sklaverei im Dienste des Mammons unterdrückt worden. — Gelobt sei die Güte des himmlischen Vaters, die alles so wohl gemacht hat! — Nach der entgegengesetzten Seite aber würde eine verblendete, sich selbst vergötternde Mönchsgeistlichkeit ebenso übertrieben vom rechten Wege abgewichen sein, um, den irdischen Beruf gänzlich hintenansetzend, ausschließlich und beständig in geistlichen Übungen zu leben.

 

Um nun dem einen wie dem anderen Abwege vorzubeugen, hat der Herr uns durch das dritte Gebot Grenzen angewiesen, innerhalb deren sich die Fürsorge des himmlischen und des irdischen Berufes bewegen soll: „Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken; aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes.“ — Das muss nicht so verstanden werden, als sollte man sich nicht öfter als an jedem siebenten Tage mit dem Herrn und Seinem Worte beschäftigen. Diesen Tag soll man ausschließlich dem Himmlischen widmen, während man hingegen an den übrigen sechs Tagen seinem irdischen Beruf nachgehen muss. Der Herr hat an diesen sechs Tagen nicht allen geistlichen Umgang mit Ihm und Seinem Worte verboten, das hat Er dadurch gezeigt, dass Er auch die täglichen Opfer im Tempel Jerusalems sowie einige besondere Festtage im Jahre verordnete.

 

Da wir wissen, dass dieses Zeremonialgesetz eine Schattenzeichnung des geistlichen Reiches Christi war, so hat der Herr uns durch die Verordnung der täglichen Opfer sagen wollen, dass wir Ihm täglich im Worte und im Gebete nahen sollen, obwohl die tägliche Sabbatstunde ungleicher äußerer Umstände halber sehr verschieden sein kann. Christus hat durch sein Kommen ins Fleisch und durch Sein heiliges Beispiel alle Tage des neuen Bundes zu heiliger Beschäftigung geweiht; und ein lebendiger Christ muss ja alle Tage mit seinem Gott umgehen und auch die Seele mit Seinem Wort nähren. Weil aber der Herr teils die Menschen der schwierigen Feststellung der Zeit, die ausschließlich der Sache unserer Seligkeit gewidmet werden muss, überheben und teils denjenigen eine bestimmte Zeit sichern wollte, die unter der Botmäßigkeit anderer stehen, so hat Er ausdrücklich Dienern und Freien gesagt, dass an jedem siebenten Tage Sabbat, „die heilige Ruhe des Herrn“, sei. Gelobt sei die Treue Gottes für diese gnadenreiche Stiftung!

 

 

Gott hat den Sabbat dir zum Ruhetag beschieden,

Er öffnet dir Sein Herz und schenkt dir Seinen Frieden.

Und mit dem Sabbat soll dir hier die Ahnung kommen

 Vom ew’gen Ruhetag der auserwählten Frommen.

 

Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ Andacht zum 28. Januar von Carl Olaf Rosenius

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)