Der Befehl gegen Gottes Wort und meinem Gewissen!
Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist dem Herrn gefällig. Kol. 3,20
Dieser Gehorsam gegen unsere Eltern und diejenigen, die unter Vater und Mutter verstanden werden, erstreckt sich so weit, dass er nur eine einzige Ausnahme duldet: wenn nämlich der Gehorsam gegen die Eltern mit dem Gehorsam gegen Gott in Streit kommen sollte. Dann heißt es: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ „Wer Vater und Mutter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert.“ Diesen einzigen Punkt ausgenommen, heißt es sonst: „Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist dem Herrn gefällig.“ Ebenso werden die Knechte ermahnt, „gehorsam zu sein in allen Dingen den leiblichen Herren, nicht mit Dienst vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern mit Einfältigkeit des Herzens und mit Gottesfurcht, als dem Herrn und nicht den Menschen.“ In Bezug auf die Obrigkeit heißt es: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.“ „Sei untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten oder den Hauptleuten, die von ihm gesandt sind.“ Schließlich hat das Wort Gottes seine Ermahnungen und Vorschriften auch in Bezug auf die Lehrer: „Gehorcht euren Lehrern und folgt ihnen, denn sie wachen über eure Seelen.“
Noch einmal sei daran erinnert, dass der Gehorsam seine Grenze hat, die er nicht überschreiten darf, dass nämlich Gehorsam den Eltern, der Obrigkeit und den Lehrern gegenüber nicht zum Ungehorsam gegen Gott, gegen Sein Wort und gegen das Gewissen werden darf. Wenn unsere Vorgesetzten unwürdig genug sein sollten, Gehorsam in solchen Stücken zu verlangen, denen das geoffenbarte Wort und das wache Gewissen widersprechen, dann müssen wir demütig, aber bestimmt unseren Gehorsam verweigern, man möge es Ungehorsam oder Aufruhr oder was sonst nennen. Unter Voraussetzung dieser Grenze, welche bestimmt, wie weit das Elternrecht und die Elternmacht sich über uns erstrecken, sind wir zu einem uneingeschränkten Gehorsam verpflichtet.
Und man findet kein einziges Stück, worüber es so viele ernste herzliche Ermahnungen gibt wie eben gerade über diesen Gehorsam.
Gewiss kann dieser Gehorsam zuweilen recht sauer werden, wenn diejenigen, die das Recht haben, über uns zu befehlen, es dazu missbrauchen, harte und ungerechte Befehle zu geben, oder wenn sie Mangel an Einsicht verraten, so dass die Untergebenen die Sache, in der sie jetzt nur gehorchen und handeln sollen, viel besser zu verstehen meinen. Solange der Befehl aber nicht gegen Gottes Wort und das Gewissen streitet, ist der willige Gehorsam eine Schuldigkeit „nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen Herren“ gegenüber.
Der Gehorchende darf nur in Demut und Sanftmut seine Vorschläge machen.
Wenn diese aber nichts ausrichten, dann muss man gehorchen, auch wenn man dabei Unrecht leidet oder meint, dass man die gleiche Sache viel besser hätte ausführen können. Denn der Herr hat uns nicht befohlen, die Befehle des Vaters und der Mutter einer prüfenden Untersuchung zu unterwerfen, sondern in allen Dingen zu gehorchen. Das anscheinend Harte in dieser Anordnung Gottes wird in lauter Lieblichkeit und das Bittere in lauter Süßigkeit verwandelt, wenn wir dabei bedenken, dass wir darin den Willen Gottes tun, Ihm dienen und nicht den Menschen, und dass unser Gehorsam launischen Eltern, harten Hausherren und einer ungerechten Obrigkeit gegenüber „dem Herrn gefällig ist“.
Sollten wir, wenn wir dem Herrn dienen und Ihm wohlgefällige Werke verrichten möchten, uns dafür nicht auch dem Schwersten in der seligen Gewissheit unterwerfen können, um damit etwas getan zu haben, was der Herr selber befohlen hat und was Ihm gewiss wohlgefällt?
Sieh, das kannst du jetzt alle Tage tun, als Kind, als Knecht oder Magd oder in deinem anspruchslosen Beruf, wenn du nur gehorsam das tust, was dir von der Mutter und dem Vater, von dem Hausvater und der Hausmutter befohlen wird. Denn darüber hat der Herr dir Seinen bestimmten Willen zu erkennen gegeben, dass Er es haben will, und über solchen Gehorsam hat Er Sein größtes Wohlgefallen geäußert.
„Darum“, sagt Luther, „wenn du auch etwas so Geringes tust, wie die Diele zu kehren oder einen Strohhalm aufzuheben, wenn du es aus Gehorsam gegen deine Eltern oder deinen Hausherrn tust und sonst im Glauben und in der Liebe handelst, so sind diese dem Anschein nach geringen Werke besser und größer vor Gott, als wenn du ohne den Befehl Gottes durch Wunderwerke die ganze Welt bekehren könntest.“
Könnten wir so nach dem Worte unseren Gehorsam den Eltern oder denen gegenüber betrachten, die unter Vater- und Mutternamen verstanden werden, dann würde dieser Gehorsam, wenn auch dem Fleische und Blute oftmals sauer, doch dem willigen Geist und dem Gewissen leicht und lieblich, ja ein schöner Gottesdienst werden.
Denn was kann wohl mein Herz fröhlicher und meine Tat lieblicher machen als dieses, dass ich von allem, was ich tue, sagen kann: „Das hat Gott befohlen, das gefällt Ihm wohl, das weiß ich gewiss.“
O guter Gott, Du Vater mein,
Du gabst mir Eltern, Du allein,
Die nichts an mir gesparet.
Ich preise Dich,
Der sie und mich
In Deiner Lieb’ bewahret.
Mein Herz erweck’ zur Dankbarkeit,
Zur Liebe und zur Folgsamkeit,
Hilf mir, sie nicht betrüben;
Hilf mir in allem,
Dir zu Gefallen,
Sie schätzen, ehren, lieben.
Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ 25.02. von Carl Olaf Rosenius
(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)