C. O. Rosenius - Tägliches Seelenbrot
Das Bild des Himmlischen - wir werden IHM gleich sein!
Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir Ihm gleich sein werden; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist. 1. Joh. 3,2
Johannes sagt, dass wir, indem wir Gott anschauen, Ihm gleich werden sollen. Der Apostel deutet damit an, dass dieses selige Anschauen Gottes die Wirkung auf uns haben wird, dass wir einen Widerschein der von Ihm ausstrahlenden Herrlichkeit erhalten werden. Konnte Moses Antlitz nur dadurch glänzend werden, dass er auf dem Berge Sinai vor dem Angesicht Gottes stand, und können wir schon hier nur dadurch „verklärt (verwandelt) werden in dasselbe Bild von einer Klarheit zu der anderen“, dass wir im Glauben und im Geiste Gott schauen, dann muss, wenn wir Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden, Sein Bild sich uns gewiss in einer noch ganz anderen Vollkommenheit als hier aufprägen. Die Weise, in der wir Ihm gleich gemacht werden sollen, mag Gott anheimgestellt sein. Soviel ist aber gewiss, dass ER dann vollständig Sein Bild wiederaufrichten wird, das Bild, zu welchem ER im Anfang den Menschen erschuf, das aber im Sündenfall verlorenging.
Die Schrift sagt ausdrücklich: „Wie wir getragen haben das Bild des Irdischen, also werden wir auch tragen das Bild des Himmlischen.“ Unser Herz wird dann nicht wie jetzt eine unerschöpfliche Quelle der Sünde und Qual sein, sondern die Heiligkeit und die Liebe Christi werden in uns wohnen. Unser Verstand wird dann nicht mehr von der Finsternis unserer gefallenen Natur umhüllt, sondern mit dem Licht des eigenen Lichtes Gottes erfüllt sein. Unser Gewissen wird dann nicht mehr die Unruhe, die Klage und Angst haben, die uns hier plagten, sondern es wird ganz ruhig und friedvoll in der Liebe Gottes und in dem Gefühl unserer uns dann innewohnenden Heiligkeit sein. Wir werden dann nie mehr gegen unseren Gott sündigen, nie mehr die Klage führen: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich hasse, das tue ich“; denn wir werden dann vollkommen so gut, so fromm und so heilig sein, wie wir hier zu sein gewünscht haben, dies aber in noch viel höherem Grade, als wir es hier wünschen konnten. Unser Leib wird nicht mehr mit schändlichen Begierden oder mit Krankheit und Schwachheit behaftet, sondern immer rein und schön, gesund, stark und leicht sein; denn er wird jetzt dem verklärten Leibe Christi ähnlich sein. Der Herr sagt ausdrücklich: „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich.“
Wir werden IHM gleich sein, da die Vollkommenheiten Gottes sich in unseren Seelen und unseren Leibern abspiegeln und eine vollkommene Herrschaft über dieselben haben werden, indem wir wieder jene Eigenschaften haben werden, die dem Ebenbilde Gottes angehörten und dem Wesen eines jeden guten Geistes zu eigen sind - wie Gott uns erschaffen haben muss. Statt der Unruhe, der Beschwerden und Schmerzen, die von unheiligen Gemütsbewegungen und Begierden herrühren, wird jetzt in unseren Herzen eine unerschöpfliche Quelle heiliger und reiner, nie getrübter Erquickungen sein. Solches und viel mehr muss dazu gehören, wenn wir dem heiligen, seligen Gott gleich sein werden.
Aber die Schrift sagt im Besonderen noch, dass wir Gott in der Liebe gleich sein werden, wie ja die Liebe eine solche Haupteigenschaft Gottes ist, dass Johannes sagt: „Gott ist die Liebe.“ Wenn wir nun Gott in der Liebe gleich sein werden, dann muss unsere Seligkeit in der Befriedigung der wahren Liebe bestehen, nämlich darin, diese ganze unzählige Schar Erretteter dieselbe Seligkeit und Sicherheit genießen zu sehen, die wir genießen. Von dieser Liebesfreude, so viele Selige zu sehen, können die Gläubigen sich eine Vorstellung machen durch die begonnene Erfahrung, die sie schon hier davon haben, wenn sie die Gnade Gottes an den Seelen mächtig werden sehen. Bedenke! Im Paradiese Gottes werden wir die unzähligen Scharen von Menschen erblicken, die alle auf Erden mit Sünde, Gefahr und Furcht gekämpft haben, jetzt aber selig und geborgen in der Ruhe Gottes sind. Diese Seligkeit erstreckt sich durch die Liebe und das fröhliche gegenseitige Mitteilen und durch die Einwirkung von Seele zu Seele auf alle und breitet sich über alle aus. Alle Kinder Gottes, die in den vier Winden zerstreut waren, sind im Reiche ihres Vaters versammelt, alle im Wesentlichen mit denselben Erfahrungen ihrer eigenen vielfachen Sünden und denen der großen Barmherzigkeit, Geduld und Treue Gottes. Dann erinnern wir uns mit verklärten, vollkommenen Seelenkräften aufs lebhafteste aller Proben der Hilfe und Langmut Gottes, die wir hier in der Zeit erlebten, und werden jetzt den Zusammenhang aller dieser Erfahrungen verstehen. Gewiss wird dies alles unsere Herzen mit einer unaussprechlichen Seligkeit erfüllen. Die Schrift sagt uns, dass wir dann die Gnade Gottes nicht nur leise loben, sondern mit großer Stimme rufen werden: „Heil sei dem, der auf dem Thron sitzt, unserem Gott und dem Lamm!“
Dann werden wir in Erinnerung an die zurückgelegte Wanderung und im Genuss der Seligkeit Gottes ausrufen: „Ist dies das Erbe, das Jesu Christi Blut kostete?
O gesegnetes Lösegeld, gesegnete Liebe!
Ist dies das Ende des Glaubens? Ist dies die Herrlichkeit, von der die Schrift redet? Ist dies das Ende meiner Trübsale, meiner Demütigungen, meiner Gebete und Kämpfe? Dann waren die Beschwerden gering gegenüber einem solchen Gewinn.
„Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“
Römer 8, 17
Lass mich gehn,
Dass ich Jesum möge sehn!
Meine Seel ist voll Verlangen
Ihn auf ewig zu umfangen,
Und vor Seinem Thron zu stehn.
Süßes Licht,
Sonne, die durch Wolken bricht!
O wann werd ich dahin kommen,
dass ich dort mit allen Frommen
schau Dein holdes Angesicht.
Wie wird’s sein,
Wenn ich zieh in Salem ein,
In die Stadt der goldenen Gassen!
Herr, mein Gott, ich kann’s nicht fassen,
Was das wird für Wonne sein!
Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ Andacht zum 25. November von Carl Olaf Rosenius
(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)