Weltweit gesungene Freude über Jesus

Am Tag vor der Hochzeit ertrank die Braut. Nun stand wenige Stunden vor dem geplanten Fest der junge Bräutigam Joseph Medlicott Scriven ganz allein da. 1845 war er im Alter von 25 Jahren aus Dublin/Irland in das ferne Kanada ausgewandert.

 

In seinem großen Schmerz versank Joseph Scriven nicht in Verzweiflung und Trauer, sondern wolte sein Leben umso mehr in den Dienst Jesu stellen. Er gehörte zu jenen christlichen Versammlungen der Plymouth-Brüder, die mit besonderem Ernst in der Nachfolge Jesu stehen.

 

Der demütige und bescheidene Mann packte diese Hingabe für Jesus ganz praktisch an. Am liebsten kümmerte er sich um arme Familien oder half alten Menschen mit seinen handwerklichen Gaben. Meist im Arbeitsanzug, mit Säge und Werkzeug, sah man ihn in den Straßen des Ortes. Oft sägte er Brennholz. Die dankbare Bevölkerung errichtete ihrem Helfer später in der Nähe von Rice Lake bei Port Hope am Ontariosee einen Gedenkstein.

 

Während einer Erkrankung, die dann 1886 zu seinem Tod führte, stieß ein Nachbar Scrivens auf eine Abschrift des Liedes: 

Welch ein Freund ist unser Jesus

o wie hoch ist er erhöht!

Er hat uns mit Gott versöhnet

und vertritt uns im Gebet.

Wer mag sagen und ermessen,

wie viel Heil verloren geht,

wenn wir nicht zu ihm uns wenden

und ihn suchen im Gebet!

 

Wenn des Feindes Macht uns drohet

und manch Sturm rings um uns weht,

brauchen wir uns nicht zu fürchten,

stehn wir gläubig im Gebet.

Da erweist sich Jesu Treue,

wie er uns zur Seite steht

als ein mächtiger Erretter,

der erhört ein ernst Gebet.

 

Sind mit Sorgen wir beladen,

sei es frühe oder spät,

hilft uns sicher unser Jesus,

fliehn zu ihm wir im Gebet.

Sind von Freunden wir verlassen,

und wir gehen ins Gebet,

o so ist uns Jesus alles:

König, Priester und Prophet!

 

Der Nachbar war von dem Lied begeistert und fragte Scriven, wer es denn verfasst hätte. Bescheiden sagte der: Der Herr und ich taten es zusammen. Es muss wohl um das Jahr 1855 herum entstanden sein, um seine leidende Mutter zu trösten und aufzurichten.

 

Als Sonderdruck fiel es in die Hände des Juristen Charles Crozat Converse in Erie in Pennsylvania. Der Leiter einer Sonntagsschule von Erwachsenen hatte ihn um eine Melodie gebeten, weil er das schöne Gedicht gerne singen lassen wollte.

 

Schnell breitete sich das Lied in Amerika und England durch den beliebten Sänger Ira David Sankey aus. Er sang mit viel Erfolg bei den großen Evangelisationen mit Dwight Moody.

 

In Deutschland sorgte, wie auch für viele andere Lieder aus der überseeischen Erweckungsbewegung, der Methodistenpastor Ernst Gebhardt für seine Verbreitung.

 

Dieser Ernst Gebhardt war als junger Auswanderer nach vier erfolgreichen Jahren als Landwirt in der Nähe von Valdivia in Chile wieder nach Deutschland in seine Heimatstadt Ludwigsburg zurückgekehrt.

 Dort war er 1832 geboren und hatte eine Apothekerlehre gemacht. Sowohl bei der Ausreise nach Chile wie auch bei der Heimreise war er bei Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas in einen furchtbaren Seesturm geraten. In den Todesängsten stellte er sich ganz Gott zur Verfügung.

 

Im Silvestergottesdienst 1859 in der Methodistengemeinde von Ludwigsburg wurde ihm klar, dass er sich jetzt ganz bewusst als Christ Gott weihen müsste. So beschloss er, das methodistische Seminar zu besuchen und wurde Prediger.

 

Als 1875 der amerikanische Fabrikant Pearsall Smith in der Züricher Tonhalle seine großen evangelistischen Versammlungen hielt, begleitete Ernst Gebhardt das Singen am Harmonium. Er selbst war damals Prediger der Methodisten in Zürich. In diesen Allianzveranstaltungen redete der Erweckungsprediger Pearsal Smith schlicht und eindringlich von der Heiligung des Lebens. Auch viele Lieder nahmen dieses Thema auf. Sie waren deshalb so leicht mitzusingen, weil die Strophen meist mit einem Kehrreim schlossen.

 

Als Gebhardt das Lied What a friend we have in Jesus erstmals in London von Sankey gesungen hörte, übertrug er es sofort in die deutsche Sprache.

 

Gebhardt leitete auch den Verband der freikirchlichen Chöre, den Christlichen Sängerbund. Er arbeitete in der Suchtbekämpfung des Blauen Kreuzes mit und schuf eine große Zahl von deutschen Übertragungen der sogenannten Heilslieder aus England und Amerika. Diese Lieder sind aus dem reichen Schatz evangelischen Singens nicht mehr wegzudenken. Unzählige wurden von diesen englischen Liedern mehr angesprochen als von manchen ehrwürdigen Chorälen. Durch sie haben viele suchende Menschen zum Glauben an Jesus Christus gefunden.

 

1899 starb Gebhardt in seiner Heimatstadt Ludwigsburg.

Zitat aus "Den Kummer sich vom Herzen singen" von Beate & Winrich Scheffbuch