Leidensbereitschaft
RL 392 „Soll ich den Kelch nicht trinken“

 

„Soll ich den Kelch nicht trinken,

den mir mein Vater gab?

Soll ich nach eignem Dünken

umgehen Kreuz und Grab?“ (Vers 1) 

 

Der gesegnete Chinamissionar Friedrich Traub (1873-1906) hat uns dieses tiefe Lied neben anderen geschenkt. Ihm begegnete viel Leid, und oft war er schon vom Tod gezeichnet, denn er erlebte auch den Boxeraufstand, bei dem so mancher Missionar sein Leben hingeben musste. Unser Lied „Soll ich den Kelch nicht trinken“ entstand 1901 in Changh-shu, wo er sehr unter ungeheurer Hitze litt und dazu schrieb: „Bald schmachten und frieren, hungern und dürsten wir nicht mehr!“

 

Unser Herr hatte den allerbittersten Kelch zu trinken, denn darin war die Sündenbitternis der ganzen Welt enthalten, und wir verstehen, dass Jesus Seinen Vater bat: „Ist‘s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Aber hier war des Vaters Wille ausschlaggebend, denn Er war ja gekommen, Seinen Willen zu tun und Sein Werk zu vollenden. Er wollte Kreuz und Dornen nicht umgehen, sondern die Erlösung vollbringen, die nur durch die Hingabe Seines Blutes möglich war. So dürfen auch wir dem Lamm folgen, unser Kreuz tragen und Seine rechten Jünger werden. Dort, als Jesus in Gethsemane Blut schwitzte, als Er mit den Mächten des Todes rang, wurde Er doch nicht wankend.

 

So wollen auch wir uns nicht herabziehen lassen von den Nachtgedanken, die uns beschweren möchten. Da müssen wir allerdings auch, wie Paulus sagt, alle Vernunft gefangen nehmen unter den Gehorsam Christi und dürfen den Gedanken, die aufsteigen und sich erheben wollen wider den Gehorsam Jesu, keinen Raum geben, sondern uns gehorsam in die Vaterhand legen, die alles recht macht. Was auch der Vater in unseren Kelch hineinfüllt, wollen wir stille und ohne Angst austrinken. Ihm dürfen wir uns anvertrauen, der ja nur das Beste für uns im Auge hat und uns nicht mehr auflädt, als wir zu tragen vermögen.

  

Friedrich Traub hat seine Bürde getragen und seinen Lauf schon früh vollendet. Droben in der Herrlichkeit wird es einmal offenbar werden, wie viel Frucht jeder Einzelne gebracht hat. Wir sehen das oft ganz verkehrt und meinen, nur wer viel gewirkt habe, hätte viel davon. Jesus aber sagt:
Ein Weizenkorn, das in die Erde fällt und erstirbt, bringt viel Frucht!“
(Joh. 12,24).