Sauerteig und Senfkorn (Matthäus 13)

 

Rolf Müller

 

Sauerteig ist in der Bibel durchweg ein Bild für einen bösen Einfluss.  Die Jünger werden gewarnt vor dem Sauerteig der Pharisäer. Paulus warnt im 1. Korintherbrief (5, 6-8), dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert. Der Sauerteig steht für Bosheit und Argheit, der Süßteig für Lauterkeit und Wahrheit. Auch im Alten Testament finden sich ähnliche Vergleiche.

 

 

Unser Gleichnis vom Sauerteig greift das Brotbacken auf. Das Weib nimmt Sauerteig und mengt ihn unter das Mehl. Manche deuten es so, dass biblische Lehre (Sauerteig) unter den Teig (die Gemeinde) gemengt wird. Die gesunde Lehre breitet sich in der Gemeinde aus, durchsäuert alles. Ist hier der Sauerteig plötzlich etwas Gutes? Was bedeutet das "Weib"? Dort, wo der Herr wirkt, ist in den Gleichnissen  immer vom "Mann" die Rede.  Bedeutet das Gleichnis also nicht eher, dass der Teig (die Gemeinde) vom Sauerteig falscher Lehre durchsäuert wird?

 

Auch das Gleichnis vom Senfkorn wird oft als Bild für das Wachstum der Gläubigen verstanden. Das Christentum hat klein begonnen und ist zu einer großen Bewegung geworden.  Das winzige Senfkorn hat sich zu einem überdimensionalen Baum entwickelt, in dem die Vögel des Himmels nisten. Ist das gut und erstrebenswert?

 

Es geht um ein unnatürliches, krebsartig wucherndes Wachstum. Das wahre Senfkorn entwickelt sich zu  einer Staude; in diesem Gleichnis wird ein großer Baum daraus. Die Vögel werden als ganze Völker gedeutet, die im Christentum Zuflucht suchen. In Hesekiel 31,6 und in Daniel 4,18 werden ein übergroßer Baum und die "Vögel des Himmels" prophetisch verwendet. Beide Male handelt es sich  um ein Bild menschlich-sündiger Größe  und Selbstüberschätzung, die das Gericht Gottes zur Folge hat. 

 

Die Vögel des Himmels fressen in Matthäus 13,4 den guten Samen des Wortes Gottes auf. Die Erwähnung der Vögel  könnte ein Hinweis sein, dass in der Christenheit nicht nur Gläubige, sondern auch Ungläubige sich dazugesellt und ein großes Gebilde geworden sind.  Der  Herr Jesus sagt, dass die Vögel ein Symbol für das Böse sind. Der riesige Baum der Christenheit wurde zum Nistplatz Satans und seiner Handlanger.

 

Heute finden wir unter dem Dach des Christentums viele unbiblische Lehren. Das kleine Senfkorn, das zu einem unnormal großen Baum geworden ist, wurde zu einer Behausung von Dämonen. Es ist zu einem Gefängnis jeden unreinen Geistes und jedes unreinen und gehassten Vogels geworden. Entspricht das der Realität? Nisten wirklich unreine Vögel im Gebälk unter dem Dach der Kirchen oder ist das unvorstellbar?

 

Man will mit den Gleichnissen Jesu ein falsches krankhaftes Größenwachstum der Christenheit rechtfertigen. Den Schwärmern dienen sie als Beleg für ihre Voraussage einer weltweiten Erweckung. Nach der Schrift werden in dieser Heilszeit nicht ganze Nationen, sondern die kleine Schar der Auserwählten gerettet werden.

 

Die "Vögel des Himmels" sind keine Engel, sondern symbolisieren unreine dämonische Geister, die in der Endzeitkirche zunehmend Verbreitung finden. Es wird keine weltweite Erweckung, aber eine weltweite Verführung kommen. 

 

Die wahre Gemeinde Jesu ist ihrem Wesen nach eine auserwählte Minderheit. Wir dürfen im Zeitalter der Gemeinde keine Massenbekehrung ganzer Völker erwarten. Es sind einzelne, die den Ruf Gottes hören und errettet werden.

 

Dort, wo das Christentum eine massenhafte Tendenz und Entwicklung zur Größe nimmt, ist die Verführung des Feindes im Spiel. Weltweite Erweckung und Heilung der Nationen sind für die Zeit der  Gemeinde nicht vorhergesagt.

 

Die Gemeinde Jesu hat in der Endzeit kein sprunghaftes Wachstum, keine triumphalen Höhenflüge  zu erwarten. Sie wird eine kleine Schar sein, die ihrem Herrn inmitten von allerlei Bedrängnissen die Treue hält. Sie ist ein Schatz im Verborgenen, Gemeinde in Knechtsgestalt.

 

Die Erwartung einer endzeitlichen Massenerweckung widerspricht den Aussagen der Bibel. Wachsende Verführung und Verblendung, zunehmende Sünde und Rebellion gegen Gott sind die Kennzeichen der letzten Zeit. Die Bibel sagt uns ganz nüchtern, dass die meisten Menschen das Evangelium ablehnen werden.

 

Die Masse der Völker wird hartnäckig am Bösen festhalten und sich willig verführen lassen. Gottes Gnade ist für alle da, aber er wirft sie den Menschen nicht hinterher. Seine Gnade ist keine billige Schleuderware. Sie wird niemand aufgezwungen. Wer in seinen Sünden verlorengehen will, darf das.

 

 

Der alte Mann will seine Gedanken nicht zum Dogma erheben, aber man sollte auch nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Die Gleichnisse Jesu sind keine Bilderbücher für Kleinkinder. Sie enthalten viel Sprengstoff. Sie gehören zu den schwierigen Texten der Bibel.