Vielfalt und Zerrissenheit

 

Rolf Müller

 

Das Bild der Weltchristenheit ist von einer großen Vielfalt geprägt. Die Einheit der Christen, die Jesus in seinem Hohepriesterlichen Gebet in Johannes 17 vorgestellt  hat, ist kaum sichtbar. Stattdessen herrscht Zerrissenheit. Man hat sich auseinander gelebt. Oft hat man auch nie zusammengehört.

 

Schritte zueinander sind nötig, wo der Leib Christi auseinander gerissen ist. Wie kann das überhaupt passieren? Wie kann es sein, dass Christen gegeneinander statt füreinander leben? Auch Christen sind nicht vollkommen. Sie sind Sünder und Gerechte zugleich. Bei der Wiedergeburt geschieht Entscheidendes, aber nicht Vollendetes. Christen machen Fehler und sind auch noch ungehorsam. Glauben und Gehorsam gehören zusammen. "Nur der Glaubende ist gehorsam, nur der Gehorsame glaubt." (Bonhoeffer).

 

Nötig ist tägliche Umkehr. Was nicht im Glauben verwurzelt ist, ist Sünde. Mit wem muss ich mich versöhnen? Das ist unsere Chance! Durch Schuld wird Gemeindearbeit belastet. Durch Schuld wird Vollmacht und geistliche Kraft gehindert. Hinwendung zur Schrift ist das Gebot der Stunde.

 

Es herrscht heute Pluralität.  Die Werte verschwinden. Eine gewisse Vielfalt gehört zur Gemeinde Jesu, aber keine totale Vielfalt. Zentrale Glaubensstandpunkte sind  auf keinen Fall verhandelbar. Die Wahrheit ist Jesus selbst. "Es ist in keinem andern das Heil!"  In diesem Punkt gibt es keine Toleranz!

 

Christen sollen keine interreligiösen Gespräche führen, sondern missionieren. Sie sollen kein Tummelplatz für alles Mögliche sein, sondern den Boden für den Glauben an Jesus Christus bereiten. Nicht Meinungsstreit, sondern Gehorsam gegen Gottes Wort soll die Christen bestimmen. "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg." Unser Wissen ist unvollkommen. Auch Väter im Glauben sind "irrtumsfähig". Jede Generation fängt in einem gewissen Sinn neu an.

 

Was mehrt die Ehre Gottes? Was dient der Rettung der Mitmenschen? Was fördert die Gemeinde? Praktizieren wir die Behutsamkeit der Nächstenliebe? Wir denken oft: "Es sind alle da. Wir können mit dem Gottesdienst anfangen." Sind wirklich alle da? Sind wir eine geschlossene Gesellschaft? Wissen wir, dass Menschen ohne Gott ewig verloren gehen? Berührt uns das noch? Sagen w i r den gottfernen Menschen die frohe Botschaft oder können wir es auch lassen? Schämen wir uns des Evangeliums von Christus?

 

Heute ist unsere missionarische Tätigkeit mehr als je gefragt. Ein Volk ohne den Einfluss des Evangeliums verdirbt. Durch missionarische Tätigkeit wird die Gemeinde belebt. Schritte zueinander und Schritte zu den Menschen bewirken, dass Menschen zu Jesus Christus kommen.

 

Ich habe nun den Grund gefunden, 

der meinen Anker ewig hält. 

Wo anders als in Jesu Wunden?  

Da lag er vor der Zeit der Welt, 

der Grund, der unbeweglich steht, 

wenn Erd und Himmel untergeht.

 

Bei diesem Grunde will ich bleiben, 

solange mich die Erde trägt; 

das will ich denken, tun und treiben,

solange sich ein Glied bewegt; 

so sing ich einstens hocherfreut:

O Abgrund der Barmherzigkeit! 

 

(Johann Andreas Rothe)