Der alte Mann und der Zinsgroschen
Rolf Müller
Die Juden stellen dem Herrn eine Falle. Sie wollen ihn zu Fall bringen. Es geht um die Frage, wie weit man der römischen Obrigkeit gehorchen müsse. Diese Frage hat die Juden zur Zeit Jesu fast zerrissen. Die einen sagten, wer die Römer unterstützt, verletzt Gottes Herrschaftsanspruch. Wenn wir gegen die Römer kämpfen, kommt das Reich Gottes. Die anderen meinten: Die römische Obrigkeit ist ein Gericht Gottes, das wir ertragen müssen.
Beide Lager bildeten eine Koalition gegen Jesus. Das ist bis heute so. Wenn es gegen Jesus und die Christen geht, sind sich bisher feindliche Gruppierungen auf einmal einig.
Die Juden machen dem Herrn Komplimente und heucheln Anerkennung. „Wir wissen, dass du den Weg Gottes recht lehrst und dass du wahrhaftig bist.“ In Wirklichkeit sind sie überzeugt, dass Jesus ein Verführer und Irrlehrer ist. Sie wollen ihn „hereinlegen“. Die Frage, die sie stellen, hat es in sich. „Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht?“
Wenn Jesus die Frage verneint, kann er als Aufrührer verurteilt werden. Bejaht er sie, kann er nicht der Messias sein. Denn die Meinung der Juden war, der Messias musste Israel von der Römerherrschaft befreien. „Wir aber dachten, er solle Israel erlösen!“ klagten die Emmaus-Jünger. Die Alternative für Jesus war, entweder Hinrichtung als Aufrührer oder der Verlust des Messiasanspruchs vor allem Volk. Es war eine teuflische Falle.
Der Herr Jesus durchschaut ihre Bosheit. „Ihr Heuchler, was versucht ihr mich?“ Er lässt sich eine Münze bringen und stellt die Gegenfrage: „Wessen Bild und Aufschrift ist es?“ Die Antwort ist klar. Bei der Steuer geht es um Angelegenheiten des Kaisers. Und nun folgt eine zentrale Aussage Jesu: „Dann gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“
Eine klare Antwort ohne diplomatische Spitzfindigkeiten. Der Herr Jesus erkennt die römische Obrigkeit an. Er ruft nicht zum Aufstand auf noch macht er sich über den Kaiser lustig. Was Gottes und was des Kaisers ist, sind völlig verschiedene Ebenen. Die irdischen Herrschaften sind vorläufig und vergänglich.
Menschliche Regierungen sind Notmaßnahmen Gottes, die Chaos und die schlimmsten Auswirkungen des Bösen verhindern sollen. Aber das Heil kommt nicht aus der Politik. Gott hat die Fäden in der Hand.
Allen Utopien von einer schönen neuen Welt durch menschliche Aktivitäten haben Christen die göttliche Wirklichkeit und Nüchternheit entgegenzusetzen. Es werden allein durch Gottes übernatürliches Eingreifen die irdischen Gewalten beseitigt und Gottes Reich herbeigeführt. Die Nachfolger Jesu haben Monarchie, Diktatur und Sozialismus überlebt. Sie werden auch die Demokratie überleben, wenn Jesus nicht vorher wiederkommt.
Christen sind in eine großartige Freiheit gestellt. Sie sind mit keinem System verwachsen. Sie tun mit Treue, was vor Gott recht ist. Die Aufforderung Jesu: „Gebt Gott was Gottes ist!“ ist ein Ruf zur Entscheidung. Geben wir Gott, was Gottes ist? Es hilft nicht, sich in politische Machtkämpfe zu verstricken. Das Verhältnis zu Gott muss in Ordnung sein. Gibt die heutige Christenheit Gott, was Gottes ist oder schwimmt sie im Strom der Politik?
Als die Juden die Antwort Jesu hörten, ließen sie von ihm ab. Sie wunderten sich und gingen davon. Das Staunen bezieht sich nicht nur darauf, wie Jesus ihre Heuchelei aufdeckt. Sie staunen über die Weisheit und die Wahrhaftigkeit des Herrn. Sie staunen, wie sein Leben vollkommen mit der Schrift übereinstimmt und mit Irrlehre nichts zu tun hat. Sie ließen ab von ihm und gingen davon. Noch können sie Jesus nicht verhaften. Noch ist Gottes Stunde nicht gekommen.
Herr, lass deine Wahrheit
uns vor Augen stehn,
lass in deiner Klarheit
Lug und Trug vergehn.
Gib uns reine Herzen,
mach uns dienstbereit
und zu hellen Kerzen
in der Dunkelheit.
Wollen in der Stille
hören deinen Plan
und tun, was dein Wille
uns hat kundgetan.
(Liselotte Corbach)