Der alte Mann und der Psalm 119

 

Rolf Müller

 

Dieser Psalm ist das längste Kapitel der Bibel. In immer neuen Vergleichen und Bildern drückt der Beter seine Freude über Gottes Wort aus. In guten und in schlechten Zeiten verlässt er sich auf das Wort des Herrn. Es ist ihm köstlicher als der größte Reichtum. Er kann sich sein Leben ohne das Wort Gottes nicht mehr vorstellen.

 

Das bringt den alten Mann zum Nachdenken. Wie sieht das bei ihm aus? Was ist seine größte Freude? Was bedeutet ihm das Wort Gottes? Welche Rolle spielt es in seinem Leben?

 

Es geht um die Fragen: Wissen wir, was die Bibel sagt? Glauben wir, was die Bibel sagt? Tun wir, was die Bibel sagt? Woher wissen wir, was die Bibel sagt? Der alte Mann hat die unterschiedlichsten Antworten gehört. Von den Eltern und Großeltern. Vom Krippenspiel zu Weihnachten. Von Predigten, die wir gehört haben. Vom Kalenderblatt, das wir manchmal lesen.

 

Der alte Mann weiß, das genügt nicht. Wer wissen will, was die Bibel sagt, muss sie lesen. Warum lesen wir die Bibel nicht?

 

Die Einwände sind immer dieselben. Die Bibel ist langweilig. Sie hat keine Bedeutung für unsere Zeit. Die Bibel ist von der Wissenschaft widerlegt. Bibellesen macht dumm. Nicht einmal Pfarrer und Theologen lesen regelmäßig die Bibel. Warum sollte ich sie lesen?

 

Der alte Mann muss feststellen, dass es heute selbst unter Christen oft viele biblische Analphabeten gibt. Sie wissen nicht, was die Bibel sagt. Sie werden von jedem Wind der Lehre umhergeworfen. Dabei braucht die Gemeinde Jesu nichts so nötig wie ein klares biblisches Profil. Christen müssen ihre Bibel kennen. Sie müssen ihren Glauben in klare verständliche Worte fassen können. Die Bibel ist für Christen kein Buch mit sieben Siegeln.

 

Jeder Christ kann verstehen, was die Bibel sagt. Der Geist Gottes schließt das Wort auf. Christen leben aus dem Wort. Sie sind in der Bibel zu Hause. Sie können Wahrheit und Irrtum unterscheiden. Sie werden reich beschenkt.

 

Die zweite Frage heißt: Glauben wir, was die Bibel sagt? Es geht nicht um bloßes Wissen. Es geht um eine Beziehung zu Jesus Christus. Ohne Glauben geht es nicht. Christus wohnt durch den Glauben in unserem Herzen. Der Gerechte wird aus Glauben leben. Glauben wir, was die Bibel sagt? Der Glaube stützt sich auf Gottes Wort, nicht auf Hirngespinste. Glaube hat nichts mit Leichtgläubigkeit zu tun. Wir müssen nicht alles Mögliche glauben. Es genügt, wenn wir dem Wort Gottes glauben. „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod ins Leben übergegangen (Johannes 5,24).

 

Damit ist der alte Mann bei der Frage: Tun wir, was das Wort Gottes sagt? Hören wir auf Gott? Gehorchen wir ihm? Wir sind oft Weltmeister im Wissen, aber Kreisklasse im Tun. Der Herr Jesus betete am Kreuz für seine Feinde: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Heute müsste es heißen: „Vater, vergib ihnen, denn sie tun nicht, was sie wissen.“ Wer den Willen Gottes tun will, wird erkennen, dass Gottes Wort wahr ist. Tun wir, was die Bibel sagt?

 

Der Herr Jesus bezeichnet die als klug, die sein Wort hören und tun. Die haben auf Felsengrund gebaut. Wer von Gott gesegnet werden will, muss gehorsam sein. „Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit.“ (1. Johannes 3,18). Erst die Taten verleihen unseren Worten Substanz. Biblische Wahrheit ist nutzlos, solange ihr nicht gehorcht wird.

 

Der alte Mann weiß, dass Gottes Wort die Grundlage unseres Glaubens ist. Das Wort Gottes bleibt für immer und ewig. Der Beter des 119. Psalms bezeugt: „Wenn ich nicht Freude an deinem Wort gehabt hätte, dann wäre ich in meinem Elend umgekommen. Nie will ich deine Befehle vergessen, denn sie haben mich gestärkt. Ich achte umso mehr auf das, was du mir zu sagen hast. Dein Wort bleibt für immer.“

 

Wissen wir, was die Bibel sagt? Glauben wir, was die Bibel sagt? Tun wir, was die Bibel sagt? Daran entscheidet sich unser geistliches Leben.

 

Herr, dein Wort, die edle Gabe,

diesen Schatz erhalte mir;

denn ich zieh es jeder Habe

und dem größten Reichtum für.

 

Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten,

worauf soll der Glaube ruhn?

Mir ists nicht um tausend Welten,

aber um dein Wort zu tun.

 

(N. L. von Zinzendorf)