Der alte Mann und die politischen Parteien
Rolf Müller
In der Öffentlichkeit wird heute, vor allem in den Kirchen, die Frage diskutiert, ob ein Christ in einer Partei sein darf. Das wird in aller Regel bejaht, mit einer Ausnahme: Ein Christ kann nicht in der AfD sein. Christen sollen der AfD in jedem Fall entschieden entgegentreten. Das haben Kirchenvertreter aller Richtungen einmütig erklärt.
Proteste gegen Angela Merkel entsprächen nicht einer christlichen Kultur. Die AfD stehe für Egoismus und Rassenhass. Sie sei zwar in den Bundestag gewählt worden, aber das könne man nicht akzeptieren. Man müsse diese Partei aufs Schärfste bekämpfen.
Der EKD-Vorsitzende bezeichnet die Wahl der AfD in den Bundestag als Schock und als Weckruf. Wem ein weltoffenes Deutschland am Herzen liege, müsse verhindern, dass unser Land von ausgrenzenden und hasserfüllten Stimmen vergiftet wird. Dem muss man sich entgegenstellen. Da sind sich die meisten kirchlichen Stellen einig: Frömmigkeit und AfD wählen, das geht nicht!
Der alte Mann fragt sich, wieso die AfD bei der Bundestagswahl so gut abschneiden konnte. War vielleicht Wahlbetrug im Spiel? Sind die Wähler von allen guten Geistern verlassen? Haben sie nicht auf die Medienberichte gehört? Von wem haben sie sich beeinflussen lassen? Oder haben sie etwa die Wahlprogramme gelesen?
Frömmigkeit und CDU wählen, geht das? Nach der Wende haben auch viele CDU-Abgeordnete für eine neue Liberalisierung des Abtreibungsrechts gestimmt. Das hat man von der DDR übernommen. Zur Verbesserung des Lebensschutzes hat man nichts getan, man hat sich abgefunden. Da setzt man sich auch über das Grundgesetz hinweg.
CDU-Landesverbände haben Konzepte der SPD für die Schulpolitik übernommen, gegen die sie in den 1970er Jahren noch scharf gekämpft haben. Bei der Familienpolitik verabschiedete man sich von der Freiheit der Eltern, über die Erziehung der Kinder in ihren ersten Lebensjahren selbst entscheiden zu können. Stattdessen setzt man auf eine starke staatliche Hand und staatlichen Einfluss bei der frühkindlichen Betreuung.
Das linke Instrumentarium „Gender Mainstreaming“ wurde in das Bundesministerium eingeführt. Das befördert die Zerstörung der herkömmlichen Familien. Neue Richtlinien zur Sexualerziehung in den Schulen stoßen auf Kritik von allen Seiten der Bevölkerung. Einwände werden abgewimmelt, es interessiert die CDU-Politiker kaum. Die Schulpolitik wird immer sozialistischer. Die Bundeskanzlerin sieht keinen Grund, ihre Politik zu überdenken. Ist das Ignoranz oder Realitätsverlust? Der alte Mann kommt zu dem Schluss: Frömmigkeit und CDU wählen, geht nicht.
Frömmigkeit und in der Kirche sein, geht das? Die EKD hat sich schon vor dem Beschluss des Bundestages für die „Ehe für alle“ eingesetzt. Es gehört schon zur Tradition, dass die EKD bei Homosexuellen-Paraden beteiligt ist. Damit will sie demonstrieren, dass sie gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung eintritt. Beim „Marsch für das Leben“ allerdings ziert sich die EKD. Sie lehnt es sogar ab, auch nur ein Grußwort verlesen zu lassen. Sie hat aber kein Problem, in Hessen-Nassau vor ihrer Kirchenverwaltung die Regenbogenfahne zu hissen. Sie hat den biblischen Weg verlassen, freut sich aber über die große Meinungsvielfalt und die Meinungsfreiheit in Deutschland. Der alte Mann stellt fest: Frömmigkeit und in der Kirche sein, geht nicht.
Der alte Mann verzichtet darauf, im Einzelnen anzuführen, warum Frömmigkeit und Grün, Links und FDP nicht geht. Er fragt sich, ob es in Deutschland noch Meinungsfreiheit gibt. Er nimmt mit Erstaunen zur Kenntnis, wie alle Parteien und Medien eine regelrechte Jagd auf alles, was nach AfD riecht, machen. Woher kommt diese verwunderliche Geschlossenheit? Hat das mit politischer Kultur zu tun? Ist Kritik an der Regierung verboten?
In der DDR wurde das mit Haftstrafen geahndet. Kommen wieder DDR-Verhältnisse oder haben wir sie schon? Der alte Mann hat den Eindruck, dass die etablierten Parteien im Bundestag unter sich bleiben wollen. Sie überziehen die AfD mit Beschimpfungen und sprechen ihr das Existenzrecht ab. Es ist eine Katastrophe für die „demokratischen“ Parteien. Sie führen sich wie dumme Kinder auf. Sie lehnen es ab, neben den „Nichtdemokraten“ im Bundestag zu sitzen. Sie wollen kein Büro im Bundestag beziehen, das in AfD-Nähe liegt. Sogar der Bundespräsident ruft zu einer offensiven Auseinandersetzung auf. Es gäbe wieder Mauern in Deutschland, die einem gemeinsamen „Wir“ im Weg stünden. Welchem Wir?
Sollen Christen sich für eine bestimmte politische Partei einsetzen? Christen haben den Auftrag, Zeugen Jesu Christi zu sein. Sie sollen das Evangelium weitersagen, damit Menschen vom ewigen Verderben errettet werden. Sie haben nicht die Aufgabe, in einer politischen Partei die Welt zu verbessern.
Es gibt keine christliche Politik, aber es gibt Christen in der Politik. Es gibt keine christlichen Parteien, aber es gibt Christen in den Parteien. Es gibt keine christliche Regierung, aber es gibt Christen in der Regierung.
Christen sind angehalten, für die Obrigkeit zu beten. Warum? Damit sie ein stilles ruhiges Leben führen können und die Möglichkeit haben, ihren Glauben zu leben und zu bezeugen.
Es ist nicht die Aufgabe der Christen, gegen bestimmte Parteien zu beten oder gegen die gewählten Vertreter Stimmung zu machen. Das hat mit Fürbitte nichts zu tun. Das ist geistlicher Missbrauch. Das ist Geschwätz. Wenn Kirchenvertreter Protestdemonstrationen organisieren mit dem Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“, dann fragt sich der alte Mann, ob das Kreuz der Kirchen noch einen Christus hat. Andernfalls ist es ein gottloses Kreuz.
Jesus Christus, König und Herr,
sein ist das Reich, die Kraft, die Ehr.
Gilt kein andrer Namen,
jetzt und ewig. Amen!
In des jüngsten Tages Licht,
wenn alle Welt zusammenbricht,
wird zu Jesu Füßen
jeder bekennen müssen:
Jesus Christus, König und Herr,
dein ist das Reich, die Kraft, die Ehr.
Gilt kein andrer Namen
heut und ewig. Amen!
(Richard Lörcher).