Der alte Mann und der Notruf (Psalm 50,15).

Rolf Müller.

 

„Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.“ Unser Vater im Himmel hat für uns einen Notruf eingerichtet. Der Anschluss ist drahtlos und gebührenfrei. Man braucht keine Vorwahl. Wir können zu jeder Zeit Gott anrufen und mit ihm sprechen. Die Leitung ist frei. Gott ist persönlich am Apparat. Unser Vater im Himmel versteht alle Sprachen der Welt. Sein Ohr ist offen für die Anliegen seiner Kinder. Gott schläft nie.

Der alte Mann weiß, dass kein Anliegen zu unwichtig ist. Nichts ist so schlimm, dass er es Gott nicht anvertrauen könnte. Im normalen Leben würde der alte Mann nicht die Feuerwehr anrufen, wenn seine Brille zerbrochen ist. Er kann’s  machen, aber das wird dann teuer. Bei Gott müssen wir nicht erst überlegen, ob es ein Notfall ist. Wir können mit allen Anliegen zu ihm kommen. Gott will, dass wir ihm vertrauen. Er will der Herr unseres Lebens sein. Er will sich um alle Belange unseres Lebens kümmern. Wenn’s sein muss, auch um die zerbrochene Brille.

Wir dürfen ihm alles sagen. Gott erwartet unseren Anruf. Er hilft gern. Der alte Mann weiß, dass Gott kein Automat ist. Wir können ihn nicht, wenn’s brennt, als Feuerlöscher benutzen und dann wieder in die Ecke stellen.  Gott ist kein Kellner, den ich rufen kann, wenn ich etwas brauche und dann wieder fortschicke. Wir machen ja manchmal, wenn wir Gott anrufen, unsere Vorschläge. Wir sagen ihm, wie er uns helfen soll. Aber oft ist Gottes Hilfe anders, als wir uns das vorgestellt haben. Es kann zum Beispiel sein, dass Gott Geduld von uns verlangt. Er muss ja auch mit uns täglich Geduld haben.

Der alte Mann hat erfahren, dass es etwas Köstliches ist, Geduld zu haben und an Gottes Zusagen festzuhalten. Es ist gut für uns, warten zu lernen. Das Warten der Gerechten wird Freude werden.

Wir müssen lernen, unsere Ungeduld zu zähmen. Der alte Mann fragt sich, wenn die Hilfe ausbleibt: „Hat er denn meinen Anruf nicht bekommen?“ „Hat er meinen Hilfeschrei nicht gehört?“ „Hat er mein Problem vielleicht vergessen?“ Es liegt sicher nicht an Gottes Ohren, wenn er nicht sofort antwortet. Er ist weder schwerhörig noch vergesslich. Gott hört uns immer, aber er erhört uns nicht immer.  Das kann verschiedene Gründe haben. Wie schnell werfen wir Gott vor, er wolle uns nicht helfen. Das stimmt nicht. Unser Vater im Himmel ist weder zynisch, noch hinterlistig noch falsch. Er freut sich nicht am Leid seiner Kinder. Gott denkt sich etwas dabei, wenn er uns eine Not schickt.

Der alte Mann hat erlebt, dass Zeiten der Not Chancen von Gott sind. Sie können unser Vertrauen in ihn stärken und unseren Glauben festigen.

Gott will seine Ehre keinem anderen geben. Er erwartet unseren Dank, wenn er geholfen hat. Erfüllen wir unseren Teil der Abmachung? Bekommt Gott von uns den gebührenden Dank? Geben wir ihm alle Ehre?

Es sind keine leeren Floskeln, wenn der Vater im Himmel sagt: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten.“ Wir wissen nicht, wann und wie er eingreifen wird. Unsere Aufgabe ist es, Gott zu vertrauen. Es gibt keinen Grund zur Panik oder Sorge. Der Herr hat alles im Griff. Auch dann, wenn wir den Durchblick und den Überblick verloren haben. Wenn wir unseren Vater im Himmel anrufen, geben wir die Kontrolle ab und damit auch das Problem. Wir werden von der Last befreit und können wieder frei durchatmen.

Der Vater ist traurig, wenn sich seine Kinder sorgen. Er wartet auf unseren Anruf. Er will, dass wir unsere Sorgen an ihn abgeben. Wir dürfen unser Herz vor ihm ausschütten und seine Hilfe erwarten. Welch ein Vorrecht!

Wenn er geholfen hat, dürfen wir den Dank nicht vergessen. Er hat ein Recht darauf. So wie er versprochen hat, uns zu helfen, wenn wir ihn anrufen, so sind wir zum Dank verpflichtet, wenn er geholfen hat. Dank ist eine Sache der Ehrlichkeit. Wenn wir Gottes Gaben ohne Dank annehmen, dann ist das Stolz und Überheb-lichkeit. Wer Gott den Dank verweigert, macht sich schuldig. „Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“

 

Wie könnt ich je vergessen,

was Gott an mir getan,

mir freundlich zugemessen

von allem Anfang an!

 

Ich kann nur staunend schauen

die göttlich große Huld

und ihr mich anvertrauen

in Los und Leid und Schuld.

(Arno Pötzsch).