Sünder zur Buße rufen
Rolf Müller
Man darf nicht mit der Tür ins Haus fallen. Man muss das allgemeine Interesse wecken und über aktuelle Tagesereignisse sprechen. Man muss eine Atmosphäre schaffen, in der sie sich wohlfühlen. Man darf keine Schuldgefühle wecken. Man muss ihnen das Evangelium schmackhaft machen. Man muss ihnen erklären, wie wertvoll sie in Gottes Augen sind.
Gott liebt sie nicht nur, er ist verliebt in sie. Er bettelt um ihre Aufmerksamkeit, er möchte alle ihre Bedürfnisse stillen. Er möchte sie glücklich machen. Wollen sie Kurzpredigten, dann erfüllt ihren Wunsch. Wollen sie die Wahrheit nur in sehr verdünnter Form hören, dann gebt sie ihnen.
Die Gemeinde in unserer Nähe, die solch einen "Billig-Jesus" verkündigt, kann tatsächlich einen gewissen Anstieg ihrer Besucherzahlen vermelden. Allerdings sind es keine geretteten Sünder, sondern eingebildete Gesunde, die keinen Arzt brauchen.
Gemeinden, die ein besucherfreundliches Evangelium verkündigen, wachsen nicht wirklich. Sie unterscheiden sich nur unwesentlich von einem Kaffeekränzchen oder einem Schrebergartenverein. Wer immer nur gesagt bekommt, was er hören will, wird sich kaum verändern.
Das biblische Evangelium trifft das Herz. Es ist wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt. Es ist Geist und Leben und führt zu Umkehr und Buße. Das Wort macht Leib und Seele gesund. Die unverdünnte Tinktur des Wortes Gottes bewirkt mehr als die wässrige dünne Himbeerlimonade, die manchmal als "Freudenwein des Evangeliums" verkauft wird.