Warum lässt Gott das Leid zu?
Rolf Müller
Das ist immer wieder der Einwand der Ungläubigen, wenn man ihnen das Evangelium sagt: Warum lässt Gott all das Leid zu? Wenn er allmächtig ist, wenn er Liebe ist, warum verhindert er nicht die Kriege, die Katastrophen, den Hunger und die Krankheiten in der Welt? Kann er nicht oder will er nicht?
Wenn er keine Macht hat, warum soll ich dann an ihn glauben? Wenn er mir nicht helfen will, warum soll ich mich für ihn interessieren? Warum müssen unschuldige Menschen oft so viel Leid ertragen? Warum gerade ich? Das sind Fragen, die immer wieder gestellt werden. Man unterstellt Gott böse Absichten und klagt ihn an.
Wenn der alte Mann ehrlich ist, weiß er auf diese Fragen auch keine Antwort. Er ist nicht Gottes Geheimrat. Er versteht nicht, warum Gott in einem bestimmten Fall so und nicht anders handelt. Er weigert sich aber auch, an einen Gott zu glauben, den er hundertprozentig verstehen könnte. Er maßt sich nicht an, alles besser machen zu können als Gott. Gottes Wege sind höher als unsere Wege. Gottes Gedanken sind höher als unsere Gedanken.
Wenn der alte Mann Gottes Macht hätte, würde er vieles anders machen. Wenn er aber auch Gottes Weisheit hätte, würde er alles so lassen, wie es ist. Er würde nicht wagen, sich in Gottes Vorsehung einzumischen, weil er weiß, was Gott tut, das ist wohlgetan, es bleibt gerecht sein Wille. Ich kann viele Dinge, die Gott tut, nicht erklären. Ich will sie auch gar nicht erklären. Wir können´s nicht verstehen, wir können nur vertrau´n. Wie Gott mich führt, so will ich gehen.
Im Alten Testament wird von dem Gottesmann Hiob berichtet. Der musste in seinem Leben so viel Leid erdulden, dass man heute noch sprichwörtlich von einer „Hiobsbotschaft“ redet, wenn man eine schlechte Nachricht bekommt. Dieser Hiob hat viele Fragen an Gott gerichtet nach dem Warum. Wie hat Gott sie dem Hiob beantwortet? Überhaupt nicht!
Gott ist souverän. Er schuldet uns keine Rechenschaft über sein Handeln. Wir sind nicht auf einer Ebene mit ihm. So viel der Himmel höher als die Erde ist, so höher sind seine Gedanken als unsere Gedanken. Gott hat dem Hiob gezeigt, wie groß, allwissend, allgegenwärtig und allmächtig er ist. Gott fordert Hiob auf, Dinge zu tun, die man können muss, wenn man sich mit dem Herrn anlegen will.
Man kann sich nur über eine Sache streiten, wenn man etwas davon versteht. Der alte Mann würde nie mit einem Physikprofessor über die Relativitätstheorie streiten. Hiob soll zuerst seine Kompetenz beweisen, bevor er Gott seine Fragen nach dem Warum stellt. Kann es Hiob donnern, regnen und stürmen lassen? Kann er die Sterne des Orion auseinander treiben?
Nichts davon kann Hiob. Er sieht ein, dass er wohl auch nicht in der Lage ist, Gottes Handlungsweise zu beurteilen. Er fasste Vertrauen zu Gott und überließ ihm seinen Fall. Das können auch wir tun. Wir können uns demütig beugen vor Gottes unendlicher Größe. Wir können im Leid still werden, weil wir wissen, dass Gott Gedanken des Friedens hat mit denen, die ihn lieben. In der Ewigkeit wird sich zeigen, dass es sich lohnt, auf den Herrn, unseren Gott, zu vertrauen.
Da wird ihm niemand vorwerfen und sagen, warum passt Gott nicht besser auf seine Leute auf? Er hätte doch alle Schwierigkeiten verhindern und beseitigen können! Es wäre doch für ihn eine Kleinigkeit gewesen!
In der Ewigkeit wird niemand fragen: Warum? Aber jetzt, wenn wir mitten im Leid sind, machen uns diese Fragen zu schaffen. Warum lässt Gott das zu? Warum ausgerechnet ich? Warum läuft mein Leben nicht so, wie ich es mir vorstelle? Warum muss gerade ich unter dieser Krankheit leiden?
Jeder von uns möchte doch ein angenehmes Leben haben, möchte gesund sein und harmonisch mit seinen Mitmenschen in Frieden leben. Wir sind doch nette Leute und tun keinem etwas zuleide. Warum lässt Gott das Leid zu? Warum quält er uns?
Gott quält uns nicht. Durch das Leid lässt er unseren Glauben ausreifen und stark werden. Er festigt unser Vertrauen zu ihm. Dieses Vertrauen hat eine große Belohnung. Wenn wir es nicht wegwerfen, führt er uns durchs dunkle Tal. Mit ihm können wir über Mauern springen! Wo Menschenwege enden, fängt Gottes Weg erst an.
Die Bibel ist das Wort des lebendigen Gottes. Dieses Wort ist wahr. Dieses Wort sagt uns, dass der Weg ins Reich Gottes durch viel Trübsal, vom Kreuz zur Krone, von der Nacht zum Licht führt. Gott wird alle Tränen abwischen von unseren Augen und wir werden ihn rühmen und loben für das herrliche Erbteil, das er uns bereitet hat und das alle unsere Erwartungen übertrifft.