Toleranz
Rolf Müller
Toleranz bedeutet, die Freiheit anderer Menschen zu achten. Wir legen es nicht darauf an, anderen unsere eigene Überzeugung aufzudrängen. Das wäre Intoleranz. Wir bemühen uns, den anderen zu verstehen. Wir verurteilen den anderen nicht und betrachten ihn nicht feindselig, wenn er unsere Meinung nicht teilt.
Toleranz bedeutet nicht, dass man seine eigene Überzeugung aufgibt und Irrtümern gegenüber aufgeschlossen ist. Wer nicht mehr für die Wahrheit der Heiligen Schrift eintritt und keine Stellung bezieht und nicht mehr beim Namen nennt, was wahr oder falsch ist, der ist nicht tolerant, sondern ein Versager. Dann macht man sich zum Handlanger des Bösen. Gerade die Leute, die viel von Toleranz reden, erweisen sich als intolerant, wenn andere ihrer Meinung nicht zustimmen. Da können leicht die Fetzen fliegen.
Wir müssen wachsam sein, damit wir nicht den Irrtum fördern und von ihm eingenommen werden. Wir dürfen nicht toleranter als Christus und seine Apostel sein. Die verkündigten den ganzen Ratschluss Gottes und machten keine Abstriche von Gottes Wort. Sie prangerten die unfruchtbaren Werke der Finsternis an.
Heute ist leider eine gewisse Schläfrigkeit bei den Wächtern auf der Mauer zu beklagen. Sie sind blind für die immer größer werdenden Gefahren. Man erkennt die Gefahr nicht und lässt sich aus einer falsch verstandenen Nächstenliebe heraus bestimmen und lehnt es ab, auf Irrtümer hinzuweisen. Ein geistlicher Mensch aber beurteilt alles.
Sind wir nicht mehr geistlich genug, um das Böse zu erkennen? Sind wir nicht mehr urteilsfähig? Bilden wir uns keine Meinung mehr? Sind wir außerstande, zu prüfen und zu unterscheiden und abzuwägen? Wenn unsere Haltung als Christen von Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort geprägt ist, werden wir genügend Durchblick, Demut und Festigkeit bekommen, damit wir urteilen können.
Der Herr Jesus hat zwar gesagt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet (Matthäus 7,1). Es sind die leichtfertigen, voreiligen, ungerechten und heuchlerischen Urteile, die der Herr Jesus verwirft. Das hat nichts mit dem Beurteilen zu tun, das die Gläubigen vor den Listen des Teufels schützt, der die Kinder Gottes kampfunfähig machen will.
Der Apostel Paulus schreibt: Ich ermahne euch aber, Brüder, dass ihr achtet auf die, welche entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Parteiungen und Ärgernisse anrichten und wendet euch von ihnen ab (Römer 16,17).
Wohlgemerkt, es heißt n i c h t, wendet euch ihnen zu. Irrlehrer, die ein anderes Evangelium verkündigen, sind verflucht. Wenn wir sie ablehnen, hat das nichts mit Intoleranz zu tun. Die Irrlehrer sind eine Gefahr, die das geistliche Leben der Kinder Gottes bedroht. Deshalb ist es eine Pflicht zu prüfen, wenn jemand im Namen der Toleranz das Richtige mit dem Falschen zusammenbringen will.
Wir müssen mutig für die Sache unseres Herrn eintreten und jeden Kompromiss ablehnen, der dem Wort Gottes widerspricht. Unser Entgegenkommen endet, wo wir mit unserem Schweigen Schuld auf uns laden und unseren Herrn verleugnen würden. Da wäre Toleranz fehl am Platz. Eine recht verstandene Toleranz wird zunächst einmal jedem das Recht einräumen, seine Meinung zu äußern und seiner Überzeugeng gemäß zu handeln.
Wenn man seine Meinung nur äußern kann, wenn es dem anderen genehm ist, wo jede kritische Prüfung verurteilt wird, wo man sich schweigend dem Recht des Stärkeren oder der Mehrheit beugen muss, handelt es sich nicht mehr um Toleranz, sondern offensichtlich um Intoleranz.
Den Begriffen Toleranz und Intoleranz haftet eine gewisse Doppeldeutigkeit an. Man muss wissen, was man darunter verstehen kann. Es gibt eine Wahrheit: Jesus Christus und das Wort Gottes. Sein Wort ist die Wahrheit. Anhand der Schrift können wir entscheiden, ob wir Verbindungen eingehen können, ohne zu Verrätern der Wahrheit zu werden.