Die Bibel oder Jesus?

 

Rolf Müller

 

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden.

In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.  (Johannes 1,1 - 5).

 

Was ist mit dem Begriff "das Wort" gemeint? Die Bibel oder Jesus Christus? Die Heilige Schrift oder Gottes Sohn? Heute wird auch unter Christen das Wort der Bibel relativiert. Man tut die Aussagen der Bibel als zeitbedingt ab.

 

Ja, das hat der Herr Jesus gesagt, aber das gilt für die damalige Zeit, heute hat das keine Bedeutung mehr.

 

Mit dieser Begründung macht man viele Aussagen der Bibel ungültig. Vertrauen wir als Christen der Heiligen Schrift? Sind wir bibeltreu? Heute wird versucht, zwischen Jesus Christus und die Bibel einen Keil zu treiben.

 

So sagte ein Bruder in der Bibelstunde, dass er an den Herrn Jesus, aber nicht an die Bibel glaube. Er zeigte auf seine Bibel mit den Worten: Das ist nicht der Herr Jesus! Es entspann sich eine rege Diskussion über das Thema bibeltreu oder jesustreu. Die Bibel oder Jesus Christus?

 

Natürlich sind die Papierseiten und der Einband der Bibel nicht der Herr Jesus. Es geht ja auch nicht um das Äußere der Bibel, sondern um den Inhalt, um das Wort Gottes.

 

Es geht um Jesus Christus, aber um den Jesus Christus der Bibel. Es geht nicht um irgendeinen Jesus. Wir kennen keinen anderen Christus. Die Bibel und Jesus Christus gehören zusammen. Man kann sie nicht auseinander dividieren. Der Herr Jesus und die Bibel werden in einem Atemzug genannt. Wir haben Jesus nicht ohne das Wort der Bibel. Wir haben die Bibel nicht ohne Jesus. Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Es gibt keinen Gegensatz zwischen Jesus und seinem Wort.

 

In den evangelischen Kirchen wird vielfach kein Wert mehr auf das Evangelium gelegt. Die Autorität der Bibel wird in Frage gestellt. Biblische Heilstatsachen werden geleugnet. Das ist eine Katastrophe. Die Kirchen zerstören sich selbst und besiegeln ihren Untergang. Eine Kirche ohne Bibel hat keine Existenzberechtigung. Sie sinkt auf das Niveau eines Geflügelzüchtervereins und verkörpert Geselligkeit statt Gemeinschaft.

 

Das Wort Gottes ist ewig. Es wird immer bleiben. Da gibt es nichts zu verändern, zu verbessern oder zu modernisieren. Das Wort Gottes hat noch Bestand, wenn Himmel und Erde vergangen sind.

 

Trotzdem wird das Wort Gottes angegriffen. Von den Atheisten und Ungläubigen  ist das zu erwarten. Aber die Bibel  wird auch von Theologen, Bischöfen und Pastoren angegriffen. Sie lehnen die Wahrheit ab und wenden sich Fabeln zu. Sie lehnen das Wort Gottes nicht nur ab, sie bekämpfen es sogar. Ihre Ablehnung richtet sich auch gegen die Verkündiger des Evangeliums. Dieser Angriff aus den eigenen Reihen macht fassungslos, er ist aber in der Bibel vorhergesagt. Das hat Auswirkungen. Die evangelischen Kirchen in Deutschland verwerfen das Wort Gottes und haben ihre Prioritäten woanders entdeckt.

 

Sie setzen sich für den Bau von Moscheen ein und befürworten einen flächendeckenden islamischen Religionsunterricht in Deutschland.

 

Heute behaupten manche Theologen, die Bibel sei zweitrangig, Hauptsache, man habe Jesus. Das ist nicht neu. Schon Martin Luther erlebte Anfeindungen, weil er sich konsequent auf die Bibel berief. Die "Zwickauer Propheten" verspotteten ihn wegen seines Festhaltens an dem "papierenen Papst" und verulkten ihn mit dem Wortspiel "Bibel, Babel, Bubel". Sie hatten das lebendige Wort, wie sie meinten und brauchten deshalb nicht den fixierten Buchstaben  der Bibel.

 

Sie rühmten sich, die Gabe der "Herzensschau" zu haben und erklärten, man müsse sich in eine stille Ecke setzen, dann könne man mit Gott selbst reden. Sie setzten auf Visionen, innere Eingebungen und Prophetien. Sie wollten die Welt verbessern und das messianische Friedensreich aufrichten. Luther in seiner drastischen  Sprache warnte deutlich vor diesen mystischen Geistern.

 

Deshalb mahne ich euch vor solchen verderblichen Geistern, die sagen, ein Mensch empfängt den Heiligen Geist durch stilles Sitzen in der Ecke, auf der Hut zu sein. Hunderttausend Teufel wird er empfangen und nicht zu Gott kommen.

 

Luther bestand darauf, der Jesus, mit dem wir in Verbindung stehen, ist nur der Jesus des Wortes Gottes und kein anderer.

 

Denn wo man das Wort fallen lässt und außer dem Wort nach Christus tappt, so ergreift man den Teufel.

Die Heilige Schrift selbst macht klar, dass Trennung zwischen Bibel  und Jesus nicht statthaft ist. Das Wort Gottes ist kein toter Buchstabe, sondern lebendig. Der Herr redet im Zeitalter der Gemeinde normalerweise durch sein Wort, die Bibel, zu uns.

 

Der Schwärmer möchte zurück zum ersten Ada, ins Paradies Im Garten Eden war tatsächlich eine freie und direkte Kommunikation mit dem lebendigen Gott möglich. Doch das ist seit dem Sündenfall vorbei. Der Weg zurück nach Eden ist verschlossen. Der Weg ins Paradies heute führt über Golgatha, und deswegen nennt Paulus Christus "den letzten Adam".

 

Im Zeitalter der Gnade gibt es nur den Weg des Glaubens. Gott kommuniziert mit uns über sein Wort, er redet durch die Bibel. Der wahre lebendige Christus ist der Christus des Wortes. Es ist unbiblisch, einen Keil zwischen Christus und das Wort treiben zu wollen. In dem Maß, wie wir das Wort verdunkeln, nicht ernst nehmen und nicht stehen lassen, wird das Antlitz Jesu entstellt.

 

Unter allen Gaben ist die Gabe des Wortes die allerherrlichste. Wer sie wegnimmt, der nimmt die Sonne aus der Welt. Denn was ist die Welt ohne das Wort? Die Hölle selbst und  ein lauter Regiment des Satans.

Im Barmer Bekenntnis von 1934  heißt es: 

Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Wort Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.

 

Wir stehen als Gläubige heute wieder mitten im Kampf um die Bibel. Aber kämpfen wir überhaupt noch oder geben wir uns kampflos geschlagen? Legen wir das Schwert des Wortes Gottes beiseite? Lassen wir zu, dass der Feind unser Vertrauen zur Bibel zerstört? Wir lauschen den Argumenten der liberalen Theologen, die behaupten, die Bibel sei nicht das Wort Gottes, sondern Menschenwort.

 

Wer heute der Bibel vertraut, wird mit dem abwertenden Begriff Fundamentalist belegt. Was ist ein Fundamentalist? Ein Mensch, der ein tragfähiges Fundament unter den Füßen hat. Das ist gut und notwendig. Ein christlicher Fundamentalist ist jemand, der an den Wahrheiten der Schrift festhält, jemand, für den diese Wahrheiten nicht zur Diskussion stehen, sondern als ewig gültige Wahrheiten Gottes feststehen.

 

In diesem Sinn ist der alte Mann ein Fundamentalist. Er glaubt, dass der Bibeltext unter der Leitung des Heiligen Geistes geschrieben wurde und deshalb nicht irren kann. Er glaubt, dass er sich auf jedes Wort der Bibel verlassen kann. Er glaubt, dass die Bibel in jedem Fall die Wahrheit sagt.

 

Für diese Überzeugung muss man als Christ heute in Kauf nehmen, als rückständig, stur und dumm bezeichnet zu werden. Diese Vorwürfe kommen nicht von den Ungläubigen, sondern aus den eigenen Reihen.

 

Wiedergeborene Gläubige bleiben beim ganzen Wort der Heiligen Schrift. Sie vertrauen der Bibel nicht nur in allen Fragen des Heils, sondern wissen auch um ihre Zuverlässigkeit in geschichtlichen und naturkundlichen Fragen. Sie stehen oft auf einsamem Posten. Sie trauen dem Wort Gottes zu, dass es den Sieg über alle Kritiker erlangt.

 

Die Bibel oder Jesus - das ist eine falsche Alternative. Wirkliche Treue zu Jesus gibt es nur in Verbindung mit echter Bibeltreue. Gott wacht über sein Wort. Ein Häkchen seines Wortes ist ihm wichtiger als das Universum.

 

Nun ist bekanntlich der Jünger nicht größer als sein Herr. Er ist auch nicht schlauer als sein Herr. Bibelkritik sagt demnach nichts anderes als:

Herr Jesus, du bist zwar der Schöpfer des Himmels und der Erde und in dir wohnen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis. Wir glauben auch an dich. Doch was die Bibel angeht, sind wir durch die historisch-kritische Methode der Theologie etwas besser informiert als du. Du warst eben doch ein Kind deiner unaufgeklärten Zeit und du konntest damals noch nicht wissen, was wir heute wissen.

 

Das ist eine ungeheuerliche Gotteslästerung und hat mit christlichem Glauben nichts zu tun. Das zeigt, dass unserer vom Zeitgeist geprägten Generation das Wort Gottes zutiefst zuwider ist. Der Skandal ist, dass auch bei Christen die Aussagen der Schrift immer mehr an Bedeutung verlieren. Bei Gesprächen hört man immer häufiger das Argument:

Ja, das steht zwar in der Bibel, aber das galt für die damalige Zeit. Heute hat das keine Bedeutung mehr.

Mit solchen Ansichten kann man alle Aussagen der Bibel ungültig machen. Alle Bibelkritik ist Majestätsbeleidigung und schleust einen falschen Geist in die Gemeinde ein. Mit einem solchen Geist wird heute Stimmung und Erweckung gemacht.

 

Der alte Mann bleibt bei dem Bekenntnis des Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens! Trotz aller Anfeindung, zum Teil aus den eigenen Reihen, wollen wir uns die Ehrfurcht vor der von Gott inspirierten Schrift bewahren.

 

Sie Bibel oder Jesus? Die Bibel bezeugt Jesus Christus und Jesus Christus verweist auf die Bibel.