Der alte Mann und die Furcht des Herrn

 

Rolf Müller

 

Der alte Mann hat das biblische Alter (Psalm 90,10) schon hinter sich. Bald wird er die unfassbare Realität der Ewigkeit erfahren. Der alte Mann gibt zu, dass der Gedanke, vor den Richterstuhl Christi treten zu müssen, Angst macht. Nicht dass er Zweifel an seiner Erlösung hätte. Seit er vor über sechzig Jahren Jesus Christus als seinen Erlöser in sein Herz aufnahm, hat er auch nicht den geringsten Zweifel daran gehabt. Er hat auch keine Angst vor der Hölle und dem Gericht. Er glaubt dem Wort Christi, der die Strafe für ihn bezahlt hat und ihm ewiges Leben geschenkt hat. Er glaubt, dass er nimmermehr umkommen wird (Joh. 10,28). Wovor er Angst hat, ist die gewaltige Realität Gottes selber.

 

„Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.“ Wir Menschen sind schwache Geschöpfe. Wir sind oft blind für seine Wahrheit. Wir sind zu träge, seinen Willen zu erkennen. Wir sind zu dumm, sein Wort zu erfassen und seine Wege zu  verstehen. Wir benehmen uns, als ob dieses Leben alles wäre und ewig weiter gehen würde. Das ist töricht. Wir tauschen Diamanten der Ewigkeit gegen Glasperlen ein. Das ist verrückt!

 

In dem Maß, wie wir Gott ernst nehmen, fürchten wir ihn. Das ist keine panische Angst. Gott will uns nichts Böses. Es ist die Ehrfurcht des Geschöpfes vor dem Schöpfer. Diese Ehrfurcht fehlt manchmal in unseren Gottesdiensten. Wir schauen mehr auf den Nebenmann als auf Gott. Uns sind die Meinungen der Menschen wichtiger als Gottes Wort.

 

Kann es sein, dass wir keine Antenne mehr haben für die Heiligkeit Gottes? Wir lassen uns zu wenig vom Wort Gottes leiten. Sind wir uns der Gegenwart Gottes noch bewusst? Wir fallen vor lauter Naivität und Bruderliebe auf biblisch verpackte Irrlehren herein und geraten auf einen falschen Weg. Gottesfurcht macht frei von Menschenfurcht. Wenn Gott eine Realität für uns ist, dann muss das auch für sein Wort gelten. Wir werden darauf achten, dem Wort Gottes zu gehorchen. Der alte Mann erkennt, was ihm mangelt: Demut, Ehrfurcht und Liebe.

 

Die Vorbereitung auf die Ewigkeit ist wichtiger als die Gestaltung des irdischen Lebens. Unsere Hoffnung ruht nicht auf der Anhäufung von Reichtümern in diesem Leben. Wir warten auf unser unverwelkliches Erbe, das im Himmel für uns aufbewahrt ist. Wer aufgibt, was er nicht behalten kann und dafür gewinnt, was er nicht verlieren kann, der ist klug und handelt weise. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus hoffen, sind wir die elendesten unter allen Menschen. Unsere Hoffnung ist im Himmel. „Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan bei Lebzeiten, es sei gut oder böse.“ (2. Korinther 5,10).

 

Gott ist gegenwärtig.

Lasset uns anbeten

und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gott ist in der Mitte.

Alles in uns schweige

und sich innigst vor ihm beuge.

Wer ihn kennt, wer ihn nennt,

schlag die Augen nieder;

kommt, ergebt euch wieder.

 

Gott ist gegenwärtig,

dem die Cherubinen

Tag und Nacht gebücket dienen.

Heilig, heilig, heilig

singen ihm zur Ehre

aller Engel hohe Chöre.

Herr, vernimm unsre Stimm,

da auch wir Geringen

unsre Opfer bringen.

 

Wir entsagen willig

allen Eitelkeiten,

aller Erdenlust und Freuden;

da liegt unser Wille,

Seele, Leib und Leben

dir zum Eigentum ergeben.

Du allein sollst es sein,

unser Gott und Herre,

dir gebührt die Ehre.

 

Majestätisch Wesen,

möcht ich recht dich preisen

und im Geist dir Dienst erweisen.

Möcht ich wie die Engel

immer vor dir stehen

und dich gegenwärtig sehen.

Lass mich dir für und für

trachten zu gefallen,

liebster Gott, in allem.

 

Herr, komm in mir wohnen,

lass mein Geist auf Erden

dir ein Heiligtum noch werden;

komm, du nahes Wesen,

dich in mir verkläre,

dass ich dich stets lieb und ehre.

Wo ich geh, sitz und steh,

lass mich dich erblicken

und vor dir mich bücken.

 

(Gerhard Tersteegen)