Der alte Mann und Gethsemane
Rolf Müller
Gethsemane ist die erste Leidensstation Jesu. Hier beginnt die eigentliche Passion. „Da Jesus solches geredet hatte, ging er hinaus“. Er ging mit den Elfen. Der Verräter hatte ihn schon verlassen. Bald würden ihn auch die übrigen verlassen. Petrus würde ihn sogar verleugnen. Jesus ging mit seinen Jüngern über den Bach Kidron. Das ist derselbe Bach, über den einst David auf seiner Flucht vor Absalom ging (2. Sam. 15,23).
Jesus ging nach seiner Gewohnheit nach Gethsemane. Gethsemane bedeutet auf Deutsch Ölkelter. Der Garten liegt am Fuß des Ölberges. Er war bepflanzt mit vielen uralten Olivenbäumen. Dorthin zog sich Jesus oft zurück. Diesmal heißt er seine Jünger, am Eingang zu bleiben. „Sitzt ihr hier, bis dass ich hingehe und bete“. Jesus sagt, er will beten. Er geht, wir sollen ruhen. Er kämpft, wir sollen die Früchte seines Sieges erhalten.
Die drei vertrautesten Jünger nahm der Herr tiefer in den Garten mit. Sie sollten Augenzeugen seines Kampfes sein. Aber auch von ihnen entfernte er sich einen Steinwurf weit. Er wollte mit seinem Vater allein sein. Sein Beten war ein Rufen und Ringen bis zum äußersten (Hebr. 5,7).
Warum betet Jesus? Er war in Not. Er selbst sagte seinen Jüngern: „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod“. Todesangst hatte ihn ergriffen. Er zitterte. Sein Schweiß wurde zu Blutstropfen. Er kostete den Kelch des Todesschreckens. Die Sünde der ganzen Welt legte sich auf seine Schultern. Sie wurde ihm zugerechnet. Er war das zuvor bestimmte Lamm, das allein imstande war, diese Riesenschuld stellvertretend zu tragen. Er wurde zur Sünde gemacht. „Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe und es ist hier kein Helfer; meine Kraft ist vertrocknet und du legst mich in des Todes Staub“ (Psalm 22).
Die Macht der Finsternis drang mit ihrer ganzen Gewalt auf Jesus ein. Der Teufel wusste, es war seine letzte Gelegenheit, das Werk der Erlösung zu vereiteln. Jesus wusste genau, was ihm bevorstand. Er betete dreimal dieselben Worte, bis er sich durchrang: „Mein Vater, wenn es nicht möglich ist, dass dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille“.
Die Evangelisten berichten außer vom Kampf Jesu auch von dem tiefen Schlaf der Jünger. Der alte Mann wundert sich, dass die Jünger in dieser Situation schlafen konnten. Ihr Meister befand sich in äußerster Not. Er hat sie ausdrücklich gebeten: „Wachet mit mir!“ Aber die Jünger wurden vom Schlaf übermannt. Sie waren wie betäubt, trunken vom Schlaf. Das verwundert umso mehr, da sie ja von Jugend an Nachtwachen gewohnt waren. Sicher hatten sie schon so manche Nacht beim Fischen auf dem See verbracht.
Wie kommt es, dass sie jetzt nicht einmal eine Stunde mit dem Herrn Jesus wachen können? Sogar Petrus, der bestimmt nicht an niedrigem Blutdruck litt, war eingeschlafen. Das ging nicht mit natürlichen Dingen zu. Das war die Einwirkung unheimlicher finsterer Mächte. Wenn es um wichtige geistliche Dinge geht, versucht der Feind auch heute die Gläubigen einzuschläfern.
Gethsemane zeigt uns die große Liebe unseres Heilands Jesus Christus. Diese Liebe ist stärker als der Tod und fester als die Hölle. Diese Liebe hat uns vom ewigen Tod errettet.
O du Lamm Gottes, du hast auf Golgatha
herrlich gesieget, Amen, Halleluja!
Du hast erworben Heil für die ganze Welt
und hast aufs völligste gezahlt das Lösegeld.
Du riefst mit lauter Stimm durchs Todesnacht:
Es ist vollbracht!
O Wort des Sieges, wenn mir der Satan naht,
blick ich auf Jesus, der ihn zertreten hat.
In seinen Wunden bin ich erlöst und frei,
sein lauter Todesruf ist nun mein Siegesschrei.
Nicht soll mich fesseln mehr des Feindes Macht.
Es ist vollbracht!
Jesus, mein Heiland, dir sag ich Preis und Dank!
O Überwinder, hör meinen Lobgesang!
In deine Gnade hüll ich mich tief hinein,
in deinem teuren Blut bin ich gerecht und rein.
Ehr sei dem Lamm, das rief, da es geschlacht:
Es ist vollbracht!
(Dora Rappard)