Bild von Ford Madox Brown; www.wikimedia.de
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Der alte Mann und die Fußwaschung (Joh. 13)

 

Rolf Müller

 

Der Herr Jesus wusch seinen Jüngern die Füße. Das war eine ungewöhnliche Handlung. Es wird nicht erwähnt, dass Jesus so etwas vorher schon mal getan hat. Er hätte leicht einen Jünger damit beauftragen können. Nein, er selbst wusch ihnen die Füße. Er wollte seinen Jüngern ein Beispiel geben. Das alles geschah in der Nacht, da er verraten wurde.

 

Der alte Mann weiß, dass dem Herrn Jesus nichts verborgen war. Er wusste, was ihm bevorstand. Er würde als das wahre Passahlamm geschlachtet werden (1. Kor. 5,7). Jesus wusste, dass Judas Ischarioth ihn verraten würde. Er wusste, dass er durch seine freiwillige Hingabe den Sieg über Sünde und Tod erringen würde. Das Kreuz ist nicht Ende, sondern Wende. Der Vater hatte alles in seine Hände gegeben. Johannes weist auf die Liebe des Herrn hin. „Wie er geliebt hatte die Seinen, so liebte er sie auch bis ans Ende.“ Erbarmende Liebe trieb ihn vom Himmel auf die Erde. Er erniedrigte sich freiwillig zum Knecht. Er wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.

 

Der alte Mann bewundert den Herrn. In vollem Bewusstsein seiner göttlichen Herrlichkeit war er sich nicht zu schade, seinen Jüngern die Füße zu waschen. „Er stand auf, legte seine Kleider ab, nahm einen Schurz und umgürtete sich; danach goss er Wasser in ein Becken, hub an, den Jüngern die Füße zu waschen und trocknete sie mit dem Schurz.“ Füße waschen war ein Sklavendienst. Der Heiland wusch seinen Jüngern die Füße. Die Jünger waren überrascht und beschämt.

 

Der alte Mann kann verstehen, dass Petrus protestiert. Petrus ergriff oft das Wort, wenn die anderen schwiegen. „Herr, solltest du mir die Füße waschen?“ Petrus weigert sich. Er meint es nicht böse. Er sagt es aus Demut und Ehrfurcht vor dem Herrn. Er meint, es gehört sich nicht, dass der Herr ihm die Füße wäscht. Er hat die Bedeutung dieser Handlung nicht verstanden. „Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!“ Die  wollte er sich selbst waschen. Jesus sagt ihm das ernste Wort: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir.“ Jesus meint das Waschen von der Sünde. Er meint die geistliche Reinigung. Ungewaschen hat niemand Teil mit ihm. Petrus fing an, den Herrn zu verstehen. „Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt.“ Der ganze Petrus wollte gewaschen werden, vom Kopf bis zum Fuß. Petrus begehrte eine Totalwäsche, um ja Teil mit Jesus zu haben.

 

Der alte Mann liest, wie Jesus die Sache dem Petrus erklärt. „Wer gewaschen ist, bedarf nichts denn die Füße waschen, denn er ist ganz rein.“ Die einmalige Waschung, die Vergebung und Rechtfertigung, hatten die Jünger durch den Glauben an Jesus bereits empfangen. „Ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.“ (1. Kor. 6,11).

 

Die Jünger brauchen nur noch die fortwährende Reinigung von den Versündigungen im täglichen Wandel. Der Ausdruck „Füße“ erinnert daran, dass wir noch mit der Erde in Berührung sind.

 

Dem alten Mann ist bewusst, dass Jesus den Jüngern seine Handlung zur Nachahmung empfiehlt. Natürlich können wir niemand von Sünden reinigen. Das kann nur der Herr. Wir sollen sein Beispiel nachahmen. Es ist ein Beispiel der Demut und der dienenden Liebe. Es kommt auf das Motiv an. Wir sollen uns nicht gegenseitig den Kopf, sondern die Füße waschen.

 

Die Fußwaschung ist kein Sakrament, das gefeiert werden muss. Sie ist ein Beispiel dienender Liebe, die der Herr den Seinen erwiesen hat. Der Knecht ist nicht größer als sein Herr.

 

„Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, so erfüllt meine Freude, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einhellig seid, nichts tut durch Zank oder eitle Ehre, sondern durch Demut achte einer den andern höher als sich selbst.“ (Philipper 2,1-3). Das ist der geistliche Sinn der Fußwaschung.

 

Herr, dir sei Preis! Du hast dich hingegeben;

Verlornen weihtest du dein teures Leben.

Nur Liebe seh ich, schau ich,

Jesus, dich, nur Liebe, nur Liebe.

 

(Carl Friedrich Brockhaus).