Der alte Mann und die Folgen
(Joh. 11, 45-57)
Rolf Müller
Die Auferweckung des Lazarus durch Jesus hatte Folgen. Die Freunde Jesu schlossen sich enger zusammen. Viele Juden wurden gläubig. Sie glaubten, dass Jesus von Gott gesandt war. Er hatte sich erwiesen als die Auferstehung und das Leben.
Der alte Mann sieht, wie ihre Traurigkeit in Freude verwandelt wird. Dankbarkeit und Anbetung erfüllt die Herzen. Auch die Jünger Jesu wurden gesegnet. Vorher sträubten sie sich, nach Bethanien zu gehen. Jetzt möchten sie am liebsten gar nicht mehr fort. Aber Jesus fand es gut, sich mit seinen Jüngern zu entfernen. Sie gingen nach Ephrem. Dorthin zog sich Jesus mit den Seinen zurück. Das diente der Vertiefung des erhaltenen Segens. Mit ihrem Meister in der Stille konnten sie sich sammeln. Sie wurden im Glauben gestärkt. Sie brauchten diese Stille, um für die kommenden Stürme gewappnet zu sein.
Der alte Mann weist darauf hin, dass die Auferweckung des Lazarus auch für die Feinde Jesu nicht folgenlos blieb. Die Nachricht von dem Wunder versetzte ganz Jerusalem in Aufruhr. Der Herr Jesus war Gesprächsthema Nummer 1. Er stand im Mittelpunkt des Interesses. Alles drehte sich um ihn.
Man berichtete den Pharisäern, was Jesus in Bethanien getan hatte. Die waren entsetzt. Für sie war das keine Freude, sondern eine Schreckensnachricht.
Sie beriefen eilig eine Ratsversammlung ein. Die Jesusfrage musste entschieden werden. „Was sollen wir tun? Dieser Mensch tut viele Zeichen.“ Ein hässlicher Ausdruck: Dieser Mensch! Sie sprechen nicht einmal seinen Namen aus. Sie hätten die Zeichen am liebsten bestritten. Aber das ging nicht. Es gab zu viele Zeugen. „Was sollen wir tun?“ Ja, was hätten sie denn tun sollen?
Der alte Mann ist überzeugt, sie hätten zu Jesu Füßen niederfallen und ihn anbeten sollen! Sie hätten ihn als ihren Herrn anerkennen sollen! Das wollten sie nicht. Sie hatten nur einen Gedanken: Er muss beseitigt werden! Ihren Hass auf Jesus versteckten sie hinter fadenscheinigen Formulierungen. „Zögern wir, dann wird das ganze Volk ihm anhangen und ihn zum König machen. Die Römer werden kommen und uns Land und Leute nehmen. Wir müssen handeln!“
Nikodemus und Joseph von Arimathia, zwei Mitglieder des Rates, stimmten dagegen. Die Entscheidung fiel schließlich durch Kaiphas, den Hohepriester. Der alte Mann staunt über die prophetische Bedeutung der Worte des Kaiphas. Er sagt sinngemäß: Wir haben nur die Wahl zwischen Jesus und dem Volk. Bleibt er leben, geht das Volk unter. Wird er getötet, wird das Volk errettet. „Es ist besser, dass einer für alle sterbe, als dass alle umkommen.“ Kaiphas tut so, als ob es ihm um das Wohl des Volkes gehe. In Wirklichkeit geht es ihm um seine eigene Macht und Ehre.
Der alte Mann ist erstaunt, dass der Rat des Kaiphas dem Rat Gottes entspricht. Gott hat es so beschlossen. „Solches aber redete Kaiphas nicht aus sich selbst, sondern weil er desselben Jahres Hohepriester war, weissagte er; denn Jesus sollte sterben für das Volk.“ Der gottlose Kaiphas sprach das Geheimnis der göttlichen Liebe aus. Der Sohn Gottes sollte sterben, der Gerechte für die Ungerechten, damit viele durch ihn gerettet würden. Die Feinde Jesu kämpften gegen Gott und mussten doch ungewollt seinen Plan ausführen. Sie förderten das Werk Gottes gegen ihren Willen. Gottes Wege und seine Siege sind wunderbar. „Sein Werk kann niemand hindern!“
Dein ewge Treu und Gnade,
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zu Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.
Weg hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht;
dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.
Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn.
Was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.
(Paul Gerhardt).