Der alte Mann und das hohepriesterliche Gebet (Johannes 17)

 

Rolf Müller

 

„Jesus hob seine Augen gen Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist hier, dass du deinen Sohn verklärst,  auf dass dich der Sohn auch verkläre.“

 

Es ist die Stunde seines Todesleidens, die unmittelbar bevorsteht. „Ich habe dich verklärt auf Erden und vollbracht das Werk, das du mir gegeben hast, das ich es tun sollte.“ Noch stand das Schwerste bevor, das heiße Ringen, der bittere Kampf. Doch Jesus betet: „Ich habe das Werk vollendet.“ Freiwillig hat er sich selbst entäußert. Er hat Knechtsgestalt angenommen. Nun verklärt ihn der Vater mit der Klarheit, die er bei ihm hatte, ehe die Welt war.

 

Der Herr Jesus bittet für seine Jünger. Er bekam sie vom Vater geschenkt. Sie erkannten die Einheit, die zwischen Vater und Sohn bestand. Petrus hatte es im Namen aller ausgesprochen: „Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt, dass du Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes“. Sie hatten erkannt, dass Jesus vom Vater ausgegangen und mit göttlicher Vollmacht ausgerüstet ist.

 

„Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein.“ Die Jünger stehen im Gegensatz zur Welt. Die ganze Welt liegt im Argen. Die Jünger sind von der Welt losgemacht. Sie sind durch Jesus Eigentum des Vaters geworden. Sie leben noch in der Welt, aber sie gehören ihr nicht mehr an. Der Vater erhält sie. Er beschützt sie wie eine Henne ihre Küchlein. Er deckt sie mit seinen Flügeln und trägt sie. Das ist nötig, weil die Welt die Jünger hasst. Wie sie den Meister gehasst hat, hasst die Welt auch seine Nachfolger. Christen sind durch das Wort Gottes der Welt entfremdet. Sie sind der Welt abhandengekommen.

 

Der Herr Jesus nimmt die Seinen nicht aus der Welt heraus. Sie haben eine Aufgabe. „Gleich wie du mich gesandt hast in die Welt, so sende ich sie auch in die Welt“.

 

„Ich bitte nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben“. Die Einheit des Vaters mit dem Sohn ist das Vorbild für die Gemeinde Jesu. Die Gemeinde Jesu ist eine Einheit. Es ist eine innere Einheit im Heiligen Geist. Sie muss nicht von Menschen gemacht werden, sie ist von Gott geschenkt. Daran wird die Welt den Herrn Jesus  erkennen. Nicht an den Streitereien, sondern an der Liebe untereinander. Da leuchtet die Herrlichkeit Gottes auf. Da erkennt man den Schatz in den irdenen Gefäßen.

 

„Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, ich aber kenne dich, und diese erkennen, dass du mich gesandt hast; und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und will ihn kundtun, auf dass die Liebe, womit du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen“.

 

Mit diesen Schlussworten wendet sich der Herr Jesus wieder seinen Jüngern zu. Er beruft sich auf die Gerechtigkeit des Vaters. Die Bitte des Sohnes wird erhört. Die Liebe des Vaters zu dem Sohn ist in den Jüngern ausgegossen durch den Heiligen Geist. So ist die Einheit hergestellt, um die der Herr Jesus den Vater gebeten hat.

 

Herz und Herz vereint zusammen

sucht in Gottes Herzen Ruh. 

Lasset eure Liebesflammen 

lodern auf den Heiland zu. 

Er das Haupt, wir seine Glieder, 

er das Licht und wir der Schein, 

er der Meister, wir die Brüder,

er ist unser, wir sind sein.

 

Ach du holder Freund, vereine 

deine dir geweihte Schar,   

dass sie es so herzlich meine, 

wie´s dein letzter Wille war.

Ja, verbinde in der Wahrheit, 

die du selbst im Wesen bist,

alles, was von deiner Klarheit

in der Tat erleuchtet ist.

 

Liebe, hast du es geboten,

dass man Liebe üben soll, 

o so mache doch die toten,

trägen Geister lebensvoll.

Zünde an die Liebesflamme

dass ein jeder sehen kann: 

wir, als die von einem Stamme,

stehen auch für einen Mann.

 

Lass uns so vereinigt werden, 

wie du mit dem Vater bist,

bis schon hier auf dieser Erden

kein getrenntes Glied mehr ist,

und allein von deinem Brennen 

nehme unser Licht den Schein;

also wird die Welt erkennen,

dass wir deine Kinder sein.

 

(Nikolaus  Ludwig von Zinzendorf/ Christian Gregor)