Der alte Mann und die Sprache Kanaans

 

Rolf Müller

 

Wer einen Beruf erlernt, kommt nicht umhin, sich verschiedene Fachbegriffe anzueignen. Er muss sich die einzelnen Begriffe einprägen und ihre Bedeutung kennenlernen. Als der alte Mann seine Schreibmaschine nicht mehr repariert bekam, stieg er auf Computertechnik um. Auch da musste er sich mit vielen neuen Bezeichnungen und Namen auseinandersetzen. Wenn ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus kommt, wird er die verschiedenen biblischen Begriffe kennenlernen. Soll man ihm das lieber ersparen?  

 

Einem Neuling im Glauben wird oft empfohlen, eine moderne Übertragung zu verwenden, wo die alten biblischen Begriffe umschrieben werden. Man nennt die Sprache der Bibel abwertend „Sprache Kanaans“. Diese Sprache sei ein großes Glaubenshindernis.

 

Der alte Mann legt Wert darauf, dass das Evangelium in einer klaren, allen verständlichen Sprache weitergegeben wird. Veraltete Wörter wie „sintemal“, „fürbass“ oder „weiland“ kann man ersetzen. Damit tut man dem Text keinen Abbruch. Andererseits tut es dem alten Mann weh, wenn man sich abfällig und spöttisch über die sogenannte „Sprache Kanaans“ äußert. Es besteht die Gefahr, dass die Grenze  zwischen altmodischem Deutsch und zwischen wichtigen biblischen Sachverhalten verwischt wird.

 

Der alte Mann stellt fest, dass beim Bemühen um ein verständlicheres Deutsch viele biblische Wahrheiten auf der Strecke bleiben. Beim Feldzug gegen das „Kanaanäisch“ werden Wörter wie Lamm Gottes, Blut und Kreuz Jesu Christi, Gnade, Heiligkeit Gottes, Gericht, Sünde, Hölle und Verdammnis aus der Verkündigung gestrichen. Damit wirft man gleichzeitig biblische Inhalte über Bord. Man muss diese biblischen Aussagen erklären, aber man darf sie nicht einfach entfernen.

 

Ist die „Sprache Kanaans“ wirklich so hinderlich für moderne Zuhörer? Kann man das ihnen nicht zumuten? Der alte Mann hat noch keinen „Azubi“ getroffen, der seine Lehre abgebrochen hat, weil er sich mit Fachausdrücken bekanntmachen musste. Und erst recht hat er noch keinen Neubekehrten kennengelernt, der seinen Glauben weggeworfen hat, weil Wörter wie Lamm Gottes, Kreuz Christi, Gnade, Sünde und Heiligkeit Gottes in der Bibel stehen. Es ist ein Unterschied, ob ich den Sündenbegriff erkläre, oder ob ich lediglich von „Fehler machen“ rede. Biblische Begriffe können nicht so einfach ausgewechselt werden, es sei denn, man nimmt inhaltliche Einbußen in Kauf.

 

Der alte Mann vermutet, dass eine lau gewordene Christenheit viele biblische Begriffe leichtfertig wegwirft, weil sie nichts mehr damit anzufangen weiß. Wenn man statt einer guten Übersetzung menschliche flache Interpretationen bevorzugt, hilft das nicht unbedingt, tiefer in das ewige Wort unseres  Gottes hineinzuwachsen.

 

Die Gegner der „Sprache Kanaans“ behaupten, sie würde nicht verstanden. Sie haben aber nichts dagegen, im Gottesdienst englische Vokabeln zu verwenden und englische Lieder zu singen. Sie glauben demnach, dass die englische Sprache in Deutschland genauso gut verständlich ist wie die deutsche Muttersprache. Der alte Mann glaubt das nicht. Statt Englisch zu lernen, wäre es doch besser, sich über den Sinn und Inhalt biblischer Begriffe zu informieren. In Jesaja 19,18 ist von der Sprache Kanaans die Rede. Dort wird nichts Abwertendes gesagt, sondern sie ist ein Zeichen für Gottes erneuerndes Handeln.

 

Oft bezieht man sich auf Martin Luther als Vorbild. Der habe dem Volk aufs Maul geschaut und verständlich übersetzt. Das ist richtig. Allerdings hechelte Luther nicht dem damaligen Zeitgeist hinterher. Er hat mit seiner Bibelübersetzung die deutsche Sprache geprägt. Nichts lag ihm ferner als eine angepasste Verkündigung. Er gab weder biblische Begriffe und schon gar nicht biblische Inhalte preis. Seine Übersetzung wirkt bis heute fort.

 

Mit der spöttischen Abwertung der Sprache Kanaans ist dem Widersacher Gottes ein Schachzug gelungen. Er hat erreicht, dass sich die Verkündigung an der Sprache einer gottlosen Gesellschaft orientiert. Die Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort hat abgenommen.

  

Wir brauchen keine „fetzige“ Verkündigung. Wir brauchen Menschen, die von der Heiligen Schrift geprägt und verändert worden sind. Wir brauchen eine Verkündigung, die ganz vom Wort Gottes und seiner Wahrheit durchdrungen ist.