Der alte Mann und der Beschluss der lettischen Kirche.
Rolf Müller.
Für viel Wirbel sorgte im Juni 2016 ein Beschluss der lutherischen Kirche Lettlands. Die Synode beschloss, keine Frauen zum pastoralen Dienst zuzulassen. Seit der Einsetzung von Bischof Janis Vanags 1993 ist keine Frau mehr in diesen Dienst der Kirche berufen worden. Dabei stützt man sich auf die Anweisungen der Bibel.
Das stieß in Westeuropa auf allgemein großen Protest. Viele Kirchenführer/innen meldeten sich zu Wort.
Ein Jammer/ein Skandal/ tiefes Bedauern/mit Bibelhermeneutik nicht zu vereinbaren/Abwertung und Diskriminierung von Frauen/die Kirche macht sich geistlich arm/ biblisch und christlich eine Sackgasse/wir sind geschockt und aus allen Wolken gefallen/ ein herber Rückschlag/bescheuerte lettische Kirche/man schließt Frauen von ihrer Lebensberufung aus/das ist unterirdisch und verletzend/ein Rechtsruck, gestützt auf uralte Argumente/ eine schwachsinnige Argumentation/ hätte dem Bischof gern ins Schienbein getreten usw.
Die Empörung in kirchlichen Kreisen ist grenzenlos. Da steht eine Kirchenleitung, die biblische Vorgaben ernst nehmen will, am Pranger. Da richtet sich eine Kirchenleitung nach der Bibel! Das können die liberalen westlichen Kirchen auf keinen Fall dulden. Wo leben wir denn? Wie hinterwäldlerisch ist das denn? Das kann doch nicht wahr sein! Wo mit kirchlichem Segen für gleichgeschlechtliche Paare nicht gespart wird, wo nichts gegen die Tötung ungeborenen Lebens getan wird, wo Kirchen sich mehr für politische Gerechtigkeit, Klimawandel und Umweltschutz engagieren als für die treue Verkündigung des Evangeliums, da wird der Kurs der lettischen Kirche natürlich als Rückfall in einen verstaubten Fundamentalismus empfunden.
Der alte Mann weist darauf hin, dass alle diese vorgebrachten Argumente subjektiv sind. Er vermisst einen Bezug zum Wort Gottes. Es geht im Grunde darum: Was sagt die Bibel zur Berufung von Frauen in geistliche Leitungsämter? Bringt die Ablehnung geistliche Armut hervor? War die Christenheit von ihrer Entstehung an bis ins 20. Jahrhundert arm? Hat man erst heute erkannt, was Gott für seine Gemeinde will? Ist die „Kultur“ so mächtig, dass sie das klare Zeugnis der Bibel außer Kraft setzen darf? Hat Gott noch Autorität oder hat er sie den Kirchenführer/innen überlassen? Sind Christen Gott und seinem Wort noch verantwortlich? Das sind Fragen über Fragen, die den alten Mann bewegen und denen sich auch die Kirchenleitungen stellen sollten.
Natürlich kann man den Beschluss der lettischen Kirche auch als falsch bezeichnen. Man kann auch traurig darüber sein. Das müsste aber biblisch begründet werden. Man müsste darüber reden und sich austauschen. Dem alten Mann gehen die Totschlagargumente gegen die lettische Kirche zu weit. Das erinnert ihn fatal an die Verteufelung von AfD und Pegida von kirchlicher Seite.
Man greift damit nicht nur die lettische Kirche an, sondern letztlich Gott selber. Der Name „Herr“ als Bezeichnung für Gott wird verworfen und einem unbiblischen Feminismus und Genderismus geopfert.
Der alte Mann bezweifelt, ob es mutig ist, auf die lettischen Lutheraner wegen ihrer biblischen Haltung von allen Seiten einzudreschen. Wäre es nicht viel mutiger, sich den vorherrschenden Zeitströmungen entgegenzustellen? Wäre es nicht besser, bewusst gegen den antichristlichen Strom zu schwimmen?
Der alte Mann stellt mit Bedauern fest, dass im Bewusstsein der heutigen Theologenschaft und vieler Kirchenleiter/innen die Bibel keine Bedeutung mehr hat. Sie wird im Reformationsjubiläum nur noch als ein Relikt aus einer längst vergangenen, alten Zeit wahrgenommen. Man liest sie teilweise noch, aber richtet sich nicht nach ihr. Es fehlen in ihr die weiblichen Elemente. Die Frauenquote bei den Jüngern Jesu und den Aposteln ist katastrophal. Das will man endlich ändern. Man fasst die Bibel in eine „gerechte Sprache“.
Der alte Mann kann und will sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen. Er vertraut der Bibel, wie sie seit tausenden Jahren vorliegt. Er hält nichts von Modernisierungen und von Verfälschungen. Gottes Wort steht fest in alle Ewigkeit. Es hat in der Vergangenheit bestanden und wird auch in Zukunft alle Zeitströmungen überdauern.