Alfred Christlieb aus "Deine Zeugnisse - mein ewiges Erbe"
Abhängigkeit von Gott
Ich bin unter Gott - 1. Mose 50,19
Ein leuchtend helles Wort! - So spricht ein Mann, der im Äußeren sehr emporgekommen ist. Es ist Joseph, der vom Sklaven im Gefängnis emporstieg zum höchsten Regierungsbeamten in Ägypten. Solchen Wechsel kann nicht jeder vertragen.
Viele, die sich früher zu Gott hielten, fingen an, ihm den Rücken zu kehren, wenn sie es in der Welt zu etwas brachten. Äußerlich ging es mit ihnen aufwärts, innerlich abwärts. Bei Joseph war es anders. Er war so reich, dass er ganze Wagenladungen der herrlichsten Geschenke verteilen konnte (1. Mose 45,21 ff.), und blieb doch klein, demütig und von Gott abhängig. Wohl allen Gotteskindern, die trotz äußerer Verbesserung ihrer Lage von Herzen sprechen: "Ich bin unter Gott."
Als Joseph diesen Ausspruch tat, hatte er die Entscheidung zu treffen, ob seine Brüder bestraft werden sollten oder nicht. Die Entscheidung lag allein in seiner Hand. Er aber wollte nicht nach eigener Macht, eigenem Sinn und eigenem Willen entscheiden, sondern sich nach Gottes Weisungen richten, und sprach darum. "Ich bin unter Gott!". Die wörtliche Übersetzung: "Bin ich denn an Gottes Statt?" drückt fast ein Entsetzen aus vor dem Gedanken an ein eigenmächtiges Vorgehen, das nicht in Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen stehen könnte. Die Entscheidung Josephs ist das genaue Gegenteil von dem, was Hochmut und Eigenwillen des natürlichen Menschen in solchem Falle beschließen würden.
Josephs Haltung leuchtet um so heller, als er den schändlichsten Frevel gegen seine eigene Person verzeihen sollte. Jetzt, nach dem Tode seines Vaters, hatte er die beste Gelegenheit gehabt, an den Brüdern Rache zu nehmen. Aber er hatte ihnen längst - nicht um des Vaters, sondern um Gottes willen - vergeben. Joseph sah in allem Geschehen der Vergangenheit nicht sündige Menschenhand, sondern wunderbare, göttliche, treue Vaterhand. Das befähigte ihn, nicht nur zu verzeihen, sondern sogar wohlzutun denen, die sich an ihm versündigt hatten.
Andacht zum 19. Januar