Freude am Suchen
Ps.105,3: Es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen!
Röm.15,13: Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, daß ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes!
Die Formulierung in Ps.105 finde ich bemerkenswert: Es ist gar nicht die Freude am Erfülltbekommen, es ist die Freude am Suchen. Warum? Weil der, den ich suche, schon bewiesen hat, wer er ist. Deshalb suche ich ihn nicht auf ein „Vielleicht“ hin, sondern von einem „Gewiss“ her. Ich suche nicht seine Erfüllung, ich suche seine Treue.
Einer der vielen wesentlichen Unterschiede zu den Religionen besteht eben in dieser Suche: Ich suche Gott nicht, „damit …“, ich suche ihn, „weil …“. Meine Suche geht nicht auf seine Hand aus, sie kommt von seinem Herzen her. Die Erfüllung liegt nicht an meiner Suche, sondern an seiner Vaterschaft.
Trotzdem ist dieses Suchen meistens auch ein Warten, und das kann lang und bang werden. Vielleicht liegt die Seelsorge hier in einem Wechsel der Perspektive: Wenn ich das Warten auf Erfüllung gegen das Warten auf Gottes Vaterherz eintausche, kann ich vielleicht auch die Angst gegen Hoffnung eintauschen.
Das NT bietet nicht viele Definitionen des Wesens Gottes. Johannes schreibt einmal: „Gott ist Liebe“. Manche Formulierungen bei Paulus kommen dem aber schon sehr nah, z.B. „der Gott allen Trostes“ oder eben auch „der Gott der Hoffnung“. Vermutlich ist es der hebräische Hintergrund des Paulus, der diese Zuordnungen hervorbringt, aber sie zeugen eben auch sehr treffend von Gott. Wenn jemand als Maurer oder Busfahrer arbeitet, hat das ja noch lange nichts mit seinem Wesen zu tun. Wenn aber Gott tröstet oder Hoffnung gibt, bezeichnet ihn das zutiefst und unmittelbar selber. Wer also bei Gott Trost oder Hoffnung sucht, kann das mit großer Freude tun, denn er macht Gott selbst mit dieser Suche die größte Freude.
Wir können zwar von vergangenem Handeln Gottes nicht dauerhaft leben. Ps.105 legt aber nahe, daß es für die Seelsorge eine gute Idee ist, sich bereits geschehenes Handeln Gottes vor Augen zu führen. Und hier sind wir wieder bei der Treue: Weil Gott ist, der er ist, habe ich allen Grund, vom Vergangenen her auf Zukünftiges zu hoffen. Das ist die Logik von Römer 5, die Paulus hier erneut aufgreift. Früher hatten wir Lieder, in denen wir uns gegenseitig z.B. zugesungen haben: „In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet?“. Freude und Frieden beim Hoffen und Warten können nur daraus wachsen, daß wir Gott kennen.
Und dann dürfen wir uns auf das verlassen, was typisch für ihn ist.
Gedanken und Auslegung von Bruder Jens Döhling 9.3.2025