Ethik der Entsprechung

 

3.Mo.25,17: Es übervorteile keiner seinen Nächsten, sondern fürchte dich vor deinem Gott!

Phil.2,5: Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus entspricht!

 

Ich hab gerade erst wieder gelesen, man könne die veraltete „Landkarte“ Bibel nicht mehr auf das „Gebiet“ der modernen Gesellschaft anwenden. Und ich bin entsetzt, dass solche Leute das Wort mitten in unseren eigenen Seminaren führen. Wem hat denn unsere Lebensweise zu entsprechen, und wie erfahren wir, was ihm entspricht?

 

Dass die Torah für uns vielfach nicht mehr wörtlich erfüllbar ist, ändert nichts an ihrer Relevanz. Die liegt nämlich in der Frage: Was sagt das konkrete Gebot über Gottes Herz und Gottes Wesen aus? Und wenn Gottes Wesen sich nicht wandelt, dann muss das doch auch Auswirkungen darauf haben, wie ich mit Gott leben soll. So soll ich ja nicht deswegen meinen Nächsten nicht übervorteilen, weil der das vielleicht irgendwie doof finden könnte, sondern weil Gott zu fürchten ist.

 

Friedrich Engels war der Sohn eines reichen christlichen Fabrikanten. Was hat der zuhause erlebt, weshalb er dann Kommunist wurde? Vielleicht sind Chef-sein und Missionar-sein wirklich schwer zu verbinden. Aber müsste man nicht wenigstens versuchen, die beiden durch Christ-sein zu verbinden? Jakobus muss sogar Chefs in der Gemeinde noch sagen: Das Klagen der Arbeiter, denen ihr den Lohn vorenthaltet, ist vor Gottes Ohren gekommen. Wie wird Gott darauf reagieren, wenn er Unrecht nicht ertragen kann, ja, sogar hasst?

 

„Wie es der Gemeinschaft in Christus entspricht“ greift Paulus auch andernorts auf: In Epheser 5 macht er deutlich, dass im Verhältnis von Herren und Sklaven völlig neue Bedingungen gelten, nämlich die der Bruderschaft unter einem gemeinsamen Herrn. Und dieser Herr ordnet Beziehungen neu. Wer sonntags gemeinsam am Tisch des Herrn sitzt, muss von hier aus auch in die neue Arbeitswoche gehen. Als pädagogische Doktorarbeit liefert Paulus diesen Zusammenhang nochmal im Brief an Philemon ab: Du bist gleichzeitig Eigentümer und Eigentum. Dass du Christus gehörst, was bedeutet das für Onesimus?

 

Das NT wird nicht immer so konkret, wie ich es mir wünschen würde. Das liegt daran, dass der Heilige Geist in meinem Leben Situationen aufploppen lässt, die er zum Anspruch an mein Christ-sein machen will. (Ich bin nur oft zu doof, das zu verstehen.) Aber das „unter euch Gesinnt-sein“ noch konkreter zu definieren als in den Versen vor unserem Lehrtext, ist nur schwer vorstellbar. Liebe, Barmherzigkeit und Demut sind die drei roten Fäden, die Paulus hier miteinander verflicht, „und eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei“.

 

Der alte Luthertext lenkt den Blick vom Miteinander weg auf Christus hin: „… wie Christus auch war“. Und dann kommt Jesu Erniedrigung bis zum „schändlichen Tod am Kreuz“. So sehr frei vom eigenen Ich werde ich niemals werden, aber der Weg der Nachfolge kann auch nicht gut in die entgegengesetzte Richtung führen.

 

Also was tun?Meine Ohnmacht der Gnade Jesu Christi und der Kraft seiner Auferstehung

ausliefern.

 

Gedanken und Auslegung von Bruder Jens Döhling 13.4.2025

 

 

 

pdf13 14-Doehling_Ethik der Entsprechung (13.4.2024)